Vertrauen auf Macht und Kraft des Gebetes
null Vertrauen auf Macht und Kraft des Gebetes
„365 Tage Elend, Tod und Zerstörung. 365 Tage unsägliches Leid vor allem der Kinder, verwaist, auf der Flucht, nach Russland entführt, oder Babys, von Leihmüttern ausgetragen und nicht abgeholt“, mit diesen Worten brachte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer am Freitagabend den zahlreich im Dom St. Peter zu Regensburg erschienenen Gläubigen die Schrecken des Krieges in der Ukraine nahe.
Zum Jahrestag des Überfalls Russlands auf die Ukraine hatte er, der evangelisch-lutherische Dekan von Regensburg, Pfarrer Jörg Breu, sowie der Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) in Regensburg zu einem Ökumenischen Friedensgebet in den Dom eingeladen. Musikalisch gestaltet wurde der Gebetsgottesdienst von Marcus Weigl (Kantor) und Regionalkantor Alexander Pritzl.
„Vertrauen auf die Macht und Kraft des Gebetes“
Nach einem stillen Einzug läutete die große Glocke des Domes das Friedensgebet ein und Bischof Rudolf begrüßte die Beterinnen und Beter mit dem Gruß des Auferstandenen „Der Friede sei mit Euch!“ Es freute ihn auch, dass Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer durch ihr Kommen ein Zeichen der Verbundenheit zur Partnerstadt Odessa setzte. Von den vielfältigen Schrecken des Krieges in der Ukraine richte er den Blick in all die anderen Teile der Erde, in denen Kriege unendliches Leid über die Menschen bringen. „Gewiss, es kann und will alle diplomatischen Bemühungen um Frieden nicht ersetzen“, so Bischof Rudolf im Blick auf das Gebet, „auch unsere Hilfe in materieller und ideeller Art nicht. Und doch vertrauen wir auf die Macht und Kraft des Gebetes“. Den Blick auf das Kreuz von San Damiano gerichtet, das auf den Altarstufen aufgestellt war sagte der Bischof, „von diesem Kreuz herab hat der Heiland den heiligen Franziskus in Assisi berufen, zum Werkzeug seines Friedens zu werden“. Ein Aufruf, der auch heute noch an uns tagtäglich ergehe.
Gebetsanliegen rund um den Globus
Durch den Krieg in der Ukraine ist für uns in Westeuropa sehr deutlich geworden, welch zerbrechliches Gut der Friede ist. So wurde an diesem Abend nicht nur für den Frieden in der Ukraine gebetet (Europa), sondern auch auf Haiti (Amerika), im Südsudan (Afrika), in Syrien (Naher Osten) und in Myanmar (Asien), Länder der Erde, in denen teilweise schon seit Jahren Kriege toben. Aber auch für den Frieden der Schöpfung, die durch Klimakatastrophen gefährdet ist, und den Frieden in einem jeden einzelnen von uns. Hagen Horoba vom Domplatz 5 sprach eine kurze Einführung zur jeweiligen Friedensbitte, es folgte ein Schriftwort, vorgetragen von Prof. Dr. Christoph Binninger, Ökumene-Beauftragter des Bistums, und dann sieben Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen des kirchlichen Lebens ein Gebet, gemeinsam mit den Gläubigen. Vorbeter und Vorbeterinnen waren Vater Andriy Dmytryk, ukrainisch-griechisch-katholischer Priester in Regensburg (Ukraine), Claudia Bresky, Leiterin der Katholischen Radioredaktion (Haiti), Pastoralreferent Stefan Dorfner, von der Fachstelle Liturgie (Südsudan), Dekan Pfarrer Jörg Breu (Syrien), Bischof Rudolf (Mynamar), Cordula Heß, Bischöfliches Sekretariat (Schöpfung) und Dr. Thomas Rigl, 1. Vorsitzender der ACR (für den Frieden bei uns).
„Friede ist die Frucht der Gerechtigkeit“
Der evangelisch-lutherische Dekan Jörg Breu griff in seinem Geistlichen Impuls zum Ende des Friedensgebetes die Worte des Propheten Jesaja auf, „die Frucht der Gerechtigkeit ist der Friede“. Friede und Gerechtigkeit seien wie Geschwister in der Heiligen Schrift, Friede sei nicht die Frucht des Sieges. Gleich, wie man zu den politischen Gegebenheiten in der Welt stehe, der russische Einmarsch in die Ukraine sei nie gerecht. Als Sohn eines Soldaten, der selbst nie Soldat werden wollte, zerreiße ihn die aktuelle Situation förmlich. Er zog Worte des großen evangelischen Theologen und Wiederstandkämpfers Dietrich Bonhoeffer (1906 bis 1945) hinzu, „so oder so, der Mensch macht sich schuldig“, ob er nun die Verteidigung mit Waffen gutheiße oder als Alternative dazu, wegschaue und tatenlos bleibe. Bonhoeffer habe 1933 schon angemahnt, wenn Christen auf Christen schießen werden, dann töten sie letztendlich Christus selbst.
Ukraine heute ganz nah
Nicht nur der Jahrestag des Angriffs der Russischen Föderation auf die Ukraine, der das Datum für das Friedensgebet vorgab, ließ an diesem Abend im Regensburger Dom das Leid des ukrainischen Volkes ganz präsent sein. Mit Vater Andriy Dmytryk war ein Vertreter der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche anwesend, die überwiegend in der Westukraine vertreten ist. Er leitet seit vergangenem Jahr die Regensburger Gemeinde im Stadtosten. Vater Ruslan Denysiuk ist ukrainisch-orthodoxer Priester, der mit seiner Familie vor dem Krieg nach Regensburg flüchtete und dessen Tochter Anastasia hier geboren und in der Kirche Maria Schutz im Stadtpark getauft wurde. Stiftsdekan Prof Dr. Johannes Hofmann, selbst Erzpriester der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche und ein großer Kenner der Kirchen des Ostens, begleitete Vater Ruslan an diesem Abend zum Gebet. Unter den Gläubigen, die Kerzen zu Füssen des Friedenskreuzes von San Damiano entzündeten, hörte man auch immer wieder ukrainische Worte. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten im Regensburger Stadtsüden in der Ganghofer Siedlung rund 5.000 Ukrainer, mit vier Kirchengemeinden, Schulen und Vereinen. Ende der 40er Jahre immigrierten sie nach Kanada, USA oder Südamerika. In St. Ägid und St. Vitus erinnern zwei Steintafeln noch an dieses ukrainische Exil in Bayern. Seit 1991 nun, ist die Ukrainische Hafenstadt Odessa Partnerstadt von Regensburg.
Text: Carl B. Prämaßing