null Realitäten einer Zuwanderungsgesellschaft

Die Migrationsfachdienste der Region organisieren seit 20 Jahren das Integrationsforum für Stadt und Landkreis Regensburg. Das Gremium trifft sich regelmäßig, um sich fachlich zu integrationsrelevanten Themen auszutauschen. Aktuell fand die Zusammenkunft der Fachkräfte aus den Bereichen Migration und Integration in Haus Hemma statt, einer Einrichtung der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF).

Die Podiumsdiskussion des Integrationsforums war spannend besetzt (v.l.):  Nurdogan Cetinkaya, Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt Regensburg, Alexander Damm, Stabsstelle für Ausländer- und Asylangelegenheiten am Landratsamt Regensburg, Pia Kerl, Integrationsmanagerin der medbo, Dr. Carsten Lenk, Leiter des Evangelischen Bildungswerks Regensburg, Dr. Martina Ortner, Professorin für migrationssensible Soziale Arbeit an der OTH Regensburg, Tobias Sander, Teamleiter im Jugendmigrationsdienst der Jugendwerkstatt Regensburg (Foto: H.C. Wagner)

Nika Krausnick, Leiterin des Referats für Migration und Integration des Caritasverbands Regensburg, begrüßte die 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Derzeit wird die Debatte um Zuwanderung oft lautstark und teilweise irritierend geführt. Wir wollen dieses Thema fachlich und aus einer wissenschaftlichen Perspektive ausleuchten.“ Auch Regina Tuschl, die Leiterin des Haus Hemma, hieß die Gäste willkommen und berichtete, dass in der Einrichtung zehn junge Geflüchtete ein neues Zuhause gefunden haben. „Migration prägt unsere Gesellschaft und wird auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen – das wird grundsätzlich nicht infrage gestellt“, betonte Landrätin Tanja Schweiger im Rahmen des Integrationsforums. „Wichtig ist jedoch eine differenzierte Betrachtung: Die Arbeitsmigration von Fachkräften wird oftmals durch bürokratische Hürden erschwert, obwohl wir diese dringend benötigen. Bei der Asylmigration hingegen sind klare und verlässliche Regeln notwendig. Gleichzeitig gilt es, die aktive Teilhabe am Arbeitsleben gezielt zu fördern und auch einzufordern.“

Dr. Martina Ortner, Professorin für migrationssensible Soziale Arbeit an der OTH Regensburg, setzte mit ihrem Vortrag den Rahmen für die anschließende Podiumsdiskussion. Sie rief dazu auf, sich die Zahlen und Fakten zur Migration in Ruhe anzusehen – anders als dies oftmals in den Medien geschehe. „Bei diesem hochkomplexen Thema muss man über längere Zeiträume denken: Acht Jahre nach ihrer Ankunft sind etwa 68 Prozent aller Geflüchteten erwerbstätig, denn natürlich müssen sie zunächst ankommen und die Sprache lernen“, so Dr. Ortner. „Insgesamt sollten wir als Gesellschaft weniger Anpassungsdruck weitergeben, sondern respektvoll miteinander umgehen.“

Rund 80 Fachkräfte nahmen am Integrationsforum von Stadt und Landkreis Regensburg teil. (Foto: H.C. Wagner)

Der Leiter des Evangelischen Bildungswerks Regensburg, Dr. Carsten Lenk, moderierte die spannend besetzte Podiumsdiskussion. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten von ihren Erfahrungen und Eindrücken rund um die Themen Migration und Integration. „Das öffentliche Klima verändert sich, man spürt oft den aufflammenden Rassismus. Auch Menschen, die schon lange hier leben, müssen sich rechtfertigen. Dann steht nicht mehr der Mensch im Mittelpunkt, sondern die Herkunft“, sagte Nurdogan Cetinkaya, Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt Regensburg.

Auf das Thema Arbeitsmigration ging Pia Kerl, Integrationsmanagerin der medbo, ein: „Deutschland ist als Einwanderungsland semi-attraktiv: Wir haben Fachkräftemangel, also gibt es Arbeitsmöglichkeiten, aber es wird den Menschen nicht leichtgemacht. Das Wort Bürokratieabbau höre ich oft, aber erlebt habe ich es noch nicht.“ Alexander Damm, Stabsstelle für Ausländer- und Asylangelegenheiten am Landratsamt Regensburg, ging auf die Möglichkeit des Spurwechsels ein – weg von der Asyl- und hin zur Arbeitsmigration: „Der Gesetzgeber hat Möglichkeiten dazu geschaffen. Die allermeisten Menschen, die trotz ihrer Ausbildung abgeschoben werden, haben eine Strafakte.“ Tobias Sander, Teamleiter im Jugendmigrationsdienst der Jugendwerkstatt Regensburg, nahm darauf Bezug: „Mit den Möglichkeiten zum Spurwechsel haben wir gute Erfahrungen gemacht, denn eine Ausbildung eröffnet den jungen Menschen viele Perspektiven. Aber es ist ein langer Weg bis dahin, der nur in Einzelfällen möglich ist. Aber, wenn sich jemand wegen Fahrens ohne Fahrschein seine Zukunft in Deutschland verbaut, ist das manchmal unverhältnismäßig.“

Anja Arndt-Grundei, Leiterin des Referats Migration und Integration der KJF Regensburg, und Nika Krausnick zogen ein positives Fazit des Integrationsforums: „Es ist wichtig für eine Demokratie, dass man Dinge nicht einfach nur behauptet, sondern auch mit Fakten hinterlegt und begründet. Dazu war das Integrationsforum eine gute Plattform, um ein komplexes Thema in einer aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte sachlich zu diskutieren.“

Text: Sebastian Schmid