null Projekt GeschwisterCLUB in Stadt und Landkreis Regensburg am Start

Familien mit einem chronisch kranken Kind oder einem Kind mit Behinderung sind außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt. Geschwisterkinder betrifft es in besonderer Weise. Wenn sich die Eltern verstärkt dem Bruder oder der Schwester zuwenden, treten deren Bedürfnisse in den Hintergrund. Nicht selten ist das Familienleben auf das kranke oder beeinträchtigte Kind ausgerichtet. Mit dem Projekt GeschwisterCLUB machen die Gesundheitsregionplus Stadt und Landkreis Regensburg und die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) Geschwistern von chronisch kranken Kindern oder Kindern mit Behinderung und deren Familien ein wichtiges Angebot.

v.li. OB Gertrud Maltz-Schwarfischer, Landrätin Tanja Schweiger, Gechäftsstellenleitung der Gesundheisregion plus Stadt und Landkreis Regensburg und Gesundheitskoordinatorin Dr. Simone Ekcert, KJF-Abteilungsleiter Bertin Abbenhues, KJF-Direktor Michael Eibl, ärztliche Leiterin des Regensburger Kinderzentrums St. Martin Dr. Christina Kutzer und Verwaltungsleiterin von St. Martin Astrid Lamby. (Foto: Christine Allgeyer)

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https://www.tvaktuell.com/mediathek/video/geschwisterclub-hilfe-fuer-geschwisterkinder-mein-landkreis-regensburg-vom-29-november-kurze-version/

Sendebeitrag ab 2:40 Min: https://www.tvaktuell.com/mediathek/video/mein-landkreis-regensburg-vom-29-november-2023/

In ihrer gemeinsamen Gesundheitsregionplus verfolgen Landrätin Tanja Schweiger und Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer das Ziel, gesundes Aufwachsen für Familien und Kinder zu ermöglichen. Das Projekt GeschwisterCLUB in die Region zu holen, war beiden ein großes Anliegen. „Wir haben etwas Gutes miteinander vor“, stellte Landrätin Tanja Schweiger heraus, „denn wir nehmen mit diesem Projekt die Geschwister von kranken oder behinderten Kindern in den Fokus, die manchmal gar nicht gesehen werden.“ Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer betonte die Bedeutung der Gesundheitsregionplus für Stadt und Landkreis Regensburg, in der bereits viele Menschen von dem Netzwerk profitieren, das dort entstanden sei. „Ein Arbeitskreis beschäftigt sich mit dem ‚Gesund aufwachsen‘ – damit verbindet sich dieses Präventionsprojekt perfekt. Ich bin sehr froh, dass wir einen Träger gefunden haben, der die Angebote macht.“ Die KJF sei dafür prädestiniert, so KJF-Direktor Michael Eibl: „Der GeschwisterCLUB ergänzt bereits bestehende Angebote der KJF in der Frühförderung, im Kinderzentrum St. Martin und in den zwei Förderzentren Bischof-Wittmann-Zentrum und Pater-Rupert-Mayer-Zentrum sowie darüber hinaus im Blindeninstitut Regensburg optimal.“

 

Resilienz und Stressbewältigung stärken

„Aus unserer Arbeit in den Förderzentren und Teilhabeeinrichtungen wissen wir, wie belastet Familien sein können, in denen eines der Kinder behindert oder chronisch krank ist. Im Rahmen der Elternarbeit erfahren wir, was Eltern und die gesamte Familie bewältigen müssen. Häufig leiden Geschwisterkinder darunter, wenn sie auf Zuwendung, Zeit und Aufmerksamkeit der Eltern verzichten müssen. Deshalb haben wir uns gerne und sehr schnell entschlossen, in Kooperation mit Stadt und Landkreis Regensburg im Projekt GeschwisterCLUB mitzuwirken“, erklärt KJF-Direktor Michael Eibl. Der KJF mit ihrem Regensburger Kinderzentrum St. Martin, einem Sozialpädiatrischen Zentrum, komme im Projekt die Aufgabe zu, den Geschwisterkindern altersgerechte Angebote zu machen, die flankierend zum Leben in der Familie, deren Resilienz und Fähigkeit zur Stressbewältigung stärken. Wie wichtig dies ist, unterstreicht die ärztliche Leiterin des Regensburger Kinderzentrums St. Martin der KJF, Dr. Christina Kutzer: „Im Kinderzentrum behandeln wir jährlich über 1.500 Kinder mit Behinderungen, Entwicklungsstörungen und den unterschiedlichsten Erkrankungen. Die Eltern und die gesamte Familie im Blick zu haben, ist uns neben der medizinischen Diagnostik und Behandlung sowie flankierenden therapeutischen Angeboten ein großes Anliegen.“ Am Kinderzentrum St. Martin hat die KJF das Projekt GeschwisterCLUB angesiedelt, so können Synergieeffekte genutzt werden und Familien, die sich für die Angebote des GeschwisterCLUBs interessieren, finden dort gleich eine Ansprechpartnerin.

 

Gesundheitsförderliches Präventionskonzept in Stadt und Landkreis

Regensburg ist einer von fünf Standorten, an denen gefördert durch das GKV-Bündnis für Gesundheit Bayern – eine gemeinsame Initiative der gesetzlichen Krankenkassen – in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozialmedizin in der Pädiatrie Augsburg (ISPA e. V.) ein Präventionskonzept für Geschwister von Kindern mit Behinderung und/ oder Erkrankung sowie ihre Familien etabliert wird. Dr. Simone Eckert, Geschäftsstellenleitung der Gesundheitsregionplus Stadt und Landkreis Regensburg, übernimmt die Aufgabe der Gesundheitskoordinatorin im Projekt. „Ich bin sehr froh, dass wir, gefördert durch das GKV-Bündnis für Gesundheit in Bayern, die fachliche Begleitung durch ISPA e. V., als Unterstützung haben. Wir können auf das bewährte Präventionskonzept ‚GeschwisterCLUB‘ des ISPA e. V. zurückgreifen“. Dieses, so Eckert, bestehe aus einer Kombination verhaltens- und verhältnispräventiver Maßnahmen. Zudem begleitet ISPA e.V. die geförderten Standorte bei der Entwicklung von Verstetigungskonzepten, damit die Angebote auch nach der Anschubförderung etabliert werden können.

 

Geschwisterbeauftragte ist Ansprechpartnerin der Familien

Die Umsetzung des Präventionsprogramms startet 2024. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 3 und 18 Jahren. Eine Geschwisterbeauftragte haben die KJF und ihr Kinderzentrum St. Martin bereits an Bord geholt: die Sozialpädagogin Paula Thoma. Sie arbeitet bereits eng mit Dr. Simone Eckert zusammen, um schon bald viele Familien zu erreichen und über die Angebote des GeschwisterCLUBs zu informieren. Paula Thoma sieht in dem Projekt die große Chance, betroffenen Kindern und ihren Familien Lebenskompetenzen zu vermitteln und Schutzfaktoren aufzuzeigen. „Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe! Wir werden unterschiedliche und altersgerechte Gruppen für die Kinder anbieten und auch die Bedürfnisse der Eltern berücksichtigen“, so Paula Thoma. Geschwisterkinder in Familien mit einem chronisch kranken Kind oder Kind mit Behinderung seien im Alltag mehr Belastungen ausgesetzt als Gleichaltrige. Paula Thoma verweist auf Studien, die zeigen, dass Geschwisterkinder durch diese vermehrten Belastungen ein erhöhtes Risiko haben, psychisch auffällig zu werden. „Deswegen sind sie eine Zielgruppe, die vermehrter Aufmerksamkeit in der primären Prävention bedarf“, informiert Thoma weiter.

Weiterführende Informationen:
Ziel des Präventionskonzepts GeschwisterCLUB ist es, Geschwistern von Kindern mit Behinderung oder chronischer Erkrankung ein stärkendes, präventiv wirksames Angebot in der Region zu machen. Langfristig soll die psychische Gesundheit sowie Resilienz der Zielgruppe gefördert werden, sodass kostenintensiven Behandlungen (z. B. Psychotherapie) vorgebeugt werden kann. Kernangebote im Konzept sind Kurse für die unterschiedlichen Altersgruppen mit verschiedenen Schwerpunkten. Praxishandbücher gewährleisten die standardisierte Durchführung der evaluierten und ZPP-zertifizierten Präventionskurse (d.h. anerkannt von den Krankenkassen) für Geschwisterkinder.
Darüber hinaus soll die elterliche Sensibilität gegenüber den Bedürfnissen des Geschwisterkindes ausgebaut und die Eltern von möglichen Schuldgefühlen entlastet werden. Auch die familiäre Kommunikation wird unterstützt, etwa die Aufklärung des Geschwisterkindes über die Diagnose des Bruders oder der Schwester.

Trägerverein des GeschwisterCLUBs ist das Institut für Sozialmedizin in der Pädiatrie Augsburg e. V., kurz ISPA. ISPA sensibilisiert, informiert und berät mit erfahrenen Fachkräften bundesweit Organisationen im Aufbau des GeschwisterCLUBs, setzt sich für das Geschwisterthema in der (Fach-)Öffentlichkeit ein, entwickelt die Qualität des GeschwisterCLUBs weiter und lässt die Präventionskurse kontinuierlich evaluieren. ISPA hat die Aufgabe, Finanzierungsmöglichkeiten zu finden und die dauerhafte Implementierung des GeschwisterCLUBs zu erleichtern.

Für das Präventionskonzept GeschwisterCLUB hat ISPA e. V. 2019 den Bayerischen Präventionspreis verliehen bekommen sowie 2022 den vdek-Zukunftspreis in der Kategorie „Sonderpreis“.

Text: Christine Allgeyer