null Ein halbes Jahrhundert im Einsatz für Kinder, Jugendliche und Eltern

Ein Grund zum Feiern: Seit 50 Jahren unterstützt die Beratungsstelle Straubing der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg (KJF) Familien und junge Menschen in der Stadt Straubing und im Landkreis Straubing-Bogen. Zu diesem besonderen Anlass zelebrierte der Vorsitzende der KJF, Domkapitular Michael Dreßel, einen Wortgottesdienst und würdigte die wertvolle Arbeit der Einrichtung: „In den vergangenen 50 Jahren haben sich die Lebensumstände der Menschen verändert. Unverändert aber ist geblieben, dass es Menschen gibt, die in Krisenzeiten Rat und Hilfe brauchen. Ihnen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KJF zur Seite: hoch professionell, mit viel Herzblut, auf Augenhöhe! Seit 50 Jahren leisten sie damit auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes einen unverzichtbaren Beitrag für das Gemeinwohl und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Darum: Herzlichen Glückwünsch zum 50. ,Geburtstag‘, Danke für den großartigen Einsatz und Gottes Segen für die Zukunft!“

v.l. Prälat Dr. Josef Schweiger, Ehrenvorsitzender der KJF, Michael Eibl, Direktor der KJF, Johann Kirmer, Leiter der Beratungsstelle, Regula Sanders Leiterin der Beratungsstelle von 1974 bis 1979, Stefan Barthel Leiter der Beratungsstelle von 1979 bis 2014, und Domkapitular Michael Dreßel, Vorsitzender der KJF (Foto: Sebastian Schmid) 

KJF-Direktor Michael Eibl gratulierte Einrichtungsleiter Johann Kirmer und seinem Team zum runden Jubiläum: „Ihre Arbeit ist heute wichtiger denn je: Sie vermitteln den Ratsuchenden Zuversicht und Hoffnung in schwierigen Zeiten, in denen eine Krise auf die nächste folgt. Dafür geben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag ihr Bestes. Für dieses Engagement spreche ich ihnen den Dank und die Anerkennung der gesamten KJF aus. Ebenso bedanke ich mich bei allen Netzwerkpartnern – den Jugendämtern und den Schulen aus Stadt und Landkreis – mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten.“

Derzeit arbeiten zwölf Personen in der Beratungsstelle: neun beratende Fachkräfte, zwei in Vollzeit, sieben in Teilzeit, zwei Stellen Teamassistentinnen in Teilzeit und eine Reinigungskraft. Eine halbe Stelle entfällt auf die Außenstelle in Mallersdorf und weitere acht Wochenstunden auf die Außensprechstunden in Mitterfels. Je nach Bedarf finden auch Sprechstunden in der Familieninsel Straubing statt. Damit unterstützten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im vergangenen Jahr 527 Klientinnen und Klienten – und die Zahlen steigen. Allein im Jahr 2023 kamen 383 Neuaufnahmen hinzu. Die häufigsten Gründe, weshalb Menschen Unterstützung in der Beratungsstelle suchen, sind Trennung und Scheidung, Depressionen, Selbstwertproblematiken, soziale Ängste, Einsamkeit und Alleinsein sowie Selbstverletzungen und Fragestellungen rund um das Thema Medienkonsum.

Abgenommen haben im Lauf der Jahre allgemeine Schul- oder Leistungsproblematiken, diese werden in Ganztagesschulen und Horten durch Schulsozialarbeit scheinbar besser aufgefangen. Einen Rückgang verzeichnet die Beratungsstelle auch bei Anfragen von Klientinnen und Klienten mit Suchtproblematiken (Alkohol, Drogen, Essstörungen), obwohl der Bedarf hoch ist; es gibt aber hier spezielle Beratungsstellen - waagnis (bei Esstörungen oder bei Alkohol und Drogen den Betreuungsverein 1:1 - die dann mit besonderen Konzepten und Beratungssettings beraten und unterstützen, etwa mit dem Konzept FreD (Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsum). Allerdings werden dabei oft nur Symptome behandelt und die Problemlagen der jungen Menschen sind meist komplex und werden durch verschiedenen Faktoren ausgelöst. Deshalb ist gute Zusammenarbeit und ein funktionierender Austausch zwischen den beratenden Stellen wichtig.

 

In schwierigen Momenten Hoffnung geben

Die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern ist ein wichtiger Baustein in der sozialen Infrastruktur der Stadt Straubing, so überbrachte Werner Schäfer, Straubings stellvertretender Bürgermeister, die Grüße des Oberbürgermeisters und dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr segensreiches Wirken: „Als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses erlebe ich oft, wie bedeutend die Arbeit in der Beratungsstelle ist. In den 50 Jahren seit ihrer Gründung hat sich die Welt nicht nur zum Besseren entwickelt, deshalb ist es umso wichtiger, dass es eine Anlaufstelle gibt, die Familien in schwierigen Lebenssituationen Unterstützung bietet. Im Namen der Stadtgemeinschaft spreche ich ihnen großen Dank aus, denn wir können die wachsenden Aufgaben nur gemeinsam bewältigen. Ich wünsche alles Gute für die nächsten 150 Jahre. Bleiben Sie an unserer Seite!“

Gemeinsam ließen die Gäste der Jubiläumsfeier Luftballons steigen. (Foto: Sebastian Schmid)

Zum Einzugsgebiet der Beratungsstelle gehört auch der Landkreis Straubing-Bogen, so würdigte auch stellvertretende Landrätin Martha Altweck-Glöbl die Beratungsstelle als wichtigen Anlaufpunkt und starken Partner in Zeiten fortwährender Krisen: „Die Gründe für den Beratungsbedarf sind vielfältig und heute ganz anders gelagert als beim Beginn vor 50 Jahren. Was jedoch geblieben ist, ist die Bedeutung dieser Arbeit für Familien, Kinder, Jugendliche und die Gesellschaft im Allgemeinen.“

Einrichtungsleiter Johann Kirmer berichtete den Gästen, wie sich die Arbeit in der Beratungsstelle seit ihrer Gründung verändert hat: „Wir setzen auf eine systemische Sichtweise und bringen den Klientinnen Akzeptanz, Einfühlungsvermögen, Unvoreingenommenheit und Wertschätzung entgegen. Gleichzeitig bieten wir ihnen aber keine vorgefertigten Rezepte. Unsere Beratungsstelle ist kein eindimensionaler Reparaturbetrieb, sondern wir laden die Menschen, die zu uns kommen ein, sich selbst als Teil des Problems und aber auch der Lösung zu sehen – wir stärken ihr Stärken. Dabei spielt die positive Psychologie eine große Rolle.“

 

Die Zukunft bleibt spannend

Kirmer blickte auch auf verschiedene Meilensteine in der 50-jährigen Geschichte der Beratungsstelle zurück: Der Neubau 2016 im Herzen von Straubing oder die Corona-Pandemie, während der ein großer Teil der Beratungsarbeit digital – per Chat, Email oder Video – stattfinden musste. Unter dem Motto „walk and talk“ gab es auch Beratungsgespräche an der frischen Luft. Für die aufsuchende Arbeit konnte eine halbe Stelle geschaffen werden, um die Unterstützungsangebote noch näher zu den Menschen zu bringen. Dazu dienen auch die Außensprechstunde in Mitterfels, in der Familieninsel und die Außenstelle in Mallersdorf.

In seiner Rede blickte Johann Kirmer zurück: Vor 50 Jahren lief auch der erste Golf vom Band. (Foto: Sebastian Schmid) 

Zudem gibt es Sprechstunden für psychisch kranke Eltern im Bezirksklinikum Mainkofen, die im Wechsel mit den Beratungsstellen Dingolfing (Träger KJF) und Deggendorf (Träger Caritas) angeboten werden. Der Einrichtungsleiter versuchte sich auch an der Frage, was die Zukunft für die Beratungsstellen bringen wird: „Es stehen in den nächsten Jahren wichtige Themen an, die Umsetzung der inklusiven Beratung oder der Ausbau von Beratungsleistungen von Familien, Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Wegweisend wird auch die Frage sein, wie sich der digitale Wandlungsprozess gewinnbringend in unsere Arbeit einbauen lässt. Wie können wir Therapie-Apps unterstützend einsetzen? Wie nutzen wir Virtual Reality? Machen uns ChatGPT und KI eines Tages überflüssig? – Es ist und bleibt spannend!“

Text und Bild: Sebastian Schmid