Die Wohngemeinschaft St. Klara verselbstständigt sich
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Bisher war die Wohngemeinschaft St. Klara in Regensburg ein Teil der Wohngemeinschaften St Hildegard Straubing. Weil das Angebot der WG St. Klara in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut wurde, wird sie nun als eigenständige Einrichtung innerhalb der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) geführt. Peter Weiß übergibt die Leitung der Wohngemeinschaften St. Hildegard an Axel Weigert und ist weiterhin für die Wohngemeinschaften St. Klara verantwortlich. In einer großen Adventsfeier mit 280 Gästen im Straubinger Erzbischof-Buchberger-Zentrum wurde der Leitungswechsel nun vollzogen.
In einem Interview blickt Peter Weiß zurück, auf ein Vierteljahrhundert als Leiter von St. Hildegard. Axel Weigert verrät, worauf er sich bei seiner neuen Aufgabe am meisten freut und wie er die St. Hildegard digital weiterentwickeln will.
„Mit Peter Weiß hat die KJF in den letzten Jahren ein sehr differenziertes Wohnangebot für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und zuletzt auch Inklusives Wohnen entwickelt, wie es in Bayern noch sehr selten ist. Es war ihm ein großes Anliegen auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen einzugehen“, sagte KJF-Direktor Michael Eibl während der offiziellen Amtsübergabe. „Axel Weigert hat sich bereits im B.B.W. Abensberg bestens als Führungskraft bewährt und wird seine Kompetenzen kreativ in seiner neuen Aufgabe als Leiter der Wohngemeinschaften St. Hildegard einbringen.”
Auch Karin Aumer, die Bereichsleiterin für Straubing, Haselbach und Bogen, wandte sich an den scheidenden Einrichtungsleiter Peter Weiß: „In den vergangenen 26 Jahren hast du St. Hildegard und St. Hildegard hat dich geprägt. Es war eine sehr intensive Zeit, eine Zeit mit vielen schönen Erlebnissen, eine Zeit mit vielen schwierigen Situationen und eine Zeit in der wir viel geschafft haben.“ Mit ihm sei es möglich gewesen, neue Ideen zu entwickeln, den Wünschen und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner Gehör zu schenken und mit Unterstützung der Katholischen Jugendfürsorge Doppelzimmer abzuschaffen. „Auch die Anliegen und Mitsprachrechte der Mitarbeiter hatten eine hohe Priorität“, so Aumer weiter. „Mit dir haben wir es geschafft, auch in herausfordernden Zeiten einen positiven Blick zu bewahren und gemeinsam Freude zu haben.“ Für seine neue Aufgabe in der Wohngemeinschaft St. Klara erhielt Peter Weiß von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern Geschenke, die liebevoll in einen Reise-Koffer verpackt waren: unter anderem Gutscheine, ein Buch, Getränke und ein Poster von Straubing. Zudem gab es ein Video mit vielen Grußbotschaften der Kolleginnen und Kollegen sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern.
Axel Weigert war seit 13 Jahren für die KJF im Berufsbildungswerk St. Franziskus Abensberg, einer Einrichtung der Beruflichen Rehabilitation für junge Menschen mit Behinderung und Benachteiligungen, tätig. Zunächst als Bereichsleitung für die fachliche Weiterentwicklung der ambulanten Familienhilfe, mit Sozialpädagogischen Familienhilfen und Erziehungsbeistandschaften. Anschließend übernahm er die Abteilungsleitungen „Wohnen-Internat“ und stationäre sowie ambulante Jugendhilfemaßnahmen.
Peter Weiß leitete die Wohngemeinschaften St. Hildegard Straubing genau 26 Jahre lang – seit dem 1. Januar 1997. Ab 2015 hat sich die WG St. Klara in Regensburg als modellhaftes inklusives Wohnangebot in der Altstadt von Regensburg entwickelt, das fachlich und konzeptionell in St. Hildegard eingebunden war. In diesem Jahr eröffnete die WG St. Klara einen weiteren Standort mit 24 Wohnplätzen in Tegernheim.
Herr Weigert, wie ist die Einarbeitung bisher verlaufen?
Die Übergabe gelingt sehr gut und wird bis Ende des Jahres andauern. Wir haben eine weiterhin intensive Zusammenarbeit zwischen den beiden Einrichtungen vereinbart, worauf ich mich sehr freue.
Welche Projekte wollen Sie in St. Hildegard als erstes angehen?
Das neue Bundesteilhabegesetz sieht mehr Möglichkeiten für Menschen mit Behinderung auf ein selbstbestimmtes Leben vor. Das ist einer der Schwerpunkte, auf die ich meinen Fokus legen will. Außerdem stehen zwei große Bauprojekte auf der Agenda: Ein Neubau eines Wohnheims mit 24 Wohnplätzen in Mitterfels und die Sanierung eines Nebengebäudes in unserem Straubinger Haupthaus mit einer Erweiterung von 17 Wohnplätzen – das wird mich beschäftigen.
Worauf freuen Sie sich bei ihrer neuen Aufgabe am meisten?
Ich freue mich vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Menschen in St. Hildegard. Das habe ich bereits bei den ersten Begegnungen mit einigen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Kolleginnen und Kollegen gespürt. Nach ersten Begegnungen mit Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Menschen in den Wohngemeinschaften St. Hildegard.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen?
Eine der zentralen Herausforderungen ist es, die Wohnangebote an die veränderten Bedarfssituationen unserer Bewohnerinnen und Bewohner anzupassen, damit sie sich wohlfühlen. Eine weitere Herausforderung ist der allgemein erschöpfte Fachkräftemarkt, dem müssen wir entgegenwirken. Außerdem gilt es, die ohnehin schon auf einem hohen Niveau stattfindende Ausbildung von Schülern der Heilerziehungspflegeschulen oder der Fachakademien fortzuführen und auszubauen und als attraktiver Arbeitgeber weiter gute Arbeitsbedingungen vorzuhalten um Mitarbeiter zu binden und auf uns aufmerksam zu machen. Dabei wird die digitale Außendarstellung der Wohngemeinschaften St. Hildegard eine große Rolle spielen.
Wie wollen Sie die Wohngemeinschaft weiterentwickeln?
Ich meine, wir müssen uns digitaler zeigen und alle zur Verfügung stehenden Medien nutzen, um alle an uns interessierte Menschen zielgenau zu erreichen. Auf diesem Weg wollen wir auch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ansprechen und überzeugen.
Herr Weiß, welche Aufgaben hatten sie den 26 Jahren als Leiter der Wohngemeinschaften St. Hildegard zu bewältigen?
Zum einen ging es darum, den Bewohnerinnen und Bewohnern gute und bedarfsgerechte Wohn- und Betreuungssituationen anzubieten. Die Nachfrage nach Wohnplätzen und Unterstützungsangeboten ist ständig gestiegen: Die Menschen werden immer älter, Autismus, erworbene Hirnschädigungen und Mehrfachbehinderungen stellen uns vor unterschiedliche Herausforderungen. Dazu muss man sich neues Fachwissen aneignen und zur Anwendung bringen sowie den bürokratischen Anforderungen gerecht werden. Zum anderen war es eine große Aufgabe, motivierte Mitarbeiter zu finden, die eine gute Dienstgemeinschaft bilden, denen die Arbeit Freude macht, die sich gegenseitig unterstützen. Ich habe immer versucht, die Work-Life-Balance der Mitarbeiter zu berücksichtigen und in die Ausbildung zu investieren. Nur so kann man die Arbeit attraktiv halten und auf Dauer neue Mitarbeiter gewinnen.
Was waren die schönsten Momente, auf die Sie zurückblicken?
Schöne Momente sind, wenn ein Projekt gelungen ist und umgesetzt wird. So sind mir die Einweihungsfeiern der Wohnheime in guter Erinnerung geblieben. Der Kontakt zu den Bewohnern liegt mir sehr am Herzen; sie auf ihrem Lebensweg zu begleiten ist eine große Besonderheit, die ich sehr schätze. Ich feiere gerne und so waren die gemeinsamen Feste immer was Besonderes, das Maifest in Haselbach, das Gartenfest in Niederachdorf, das Herbstfest in Straubing oder die gemeinsame Adventsfeier zur Übergabe der Leitung an Axel Weigert.
Was waren die größten Projekte, die Sie auf den Weg gebracht haben?
Leitend war für mich immer der Wunsch und Bedarf der Bewohnerinnen und Bewohner: Wir waren die erste Einrichtung in Ostbayern, die ambulant unterstütztes Wohnen angeboten hat und halten weiterhin ein gutes Angebot vor. Für Bewohner, die Teilzeit arbeiten oder in Rente gingen, konnten wir ein lebenslanges Wohnen in der Einrichtung zu ermöglichen. Gleichzeitig haben wir – als erste Einrichtung – die Doppelzimmer aufgelöst, sodass jeder Bewohner nun ein eigenes Zimmer zur Verfügung hat. Mir war es ein wichtiges Anliegen, die Rechte der Bewohnervertretung zu stärken: Beteiligung bei der Neueinstellung von Mitarbeitern, der Verwendung der Spenden, bei neuen Wohnangeboten oder den Freizeit- und Urlaubsangeboten. Eine besondere Herausforderung war die Entwicklung der WG St. Klara in Regensburg als modellhaftes inklusives Wohnangebot in der Altstadt von Regensburg. Ich wurde mit der Leitung beauftragt. Bei allen Projekten konnte ich mich auf die Unterstützung meiner Kolleginnen verlassen, ohne sie wäre vieles nicht möglich gewesen.
Gleichzeitig haben Sie viele Baumaßnahmen angeschoben…
Als ich 1997 begann, waren die Planungen für die Wohnheime Straubing und Niederachdorf schon abgeschlossen und der Baubeginn stand unmittelbar bevor. Angestoßen und von Anfang an konzeptioniert habe ich das Wohnheim in Bogen, das Vinzentiushaus und das Haus St. Veit in Straubing, das KB-Wohnen in Straubing, die Seniorentagesstätte und zuletzt das Wohnheim in Mitterfels. Dort haben wir die veränderten Anforderungen durch das Bundesteilhabegesetz beispielhaft umgesetzt. Eng eingebunden war ich beim Bau der Außenstelle der WG St. Klara in Tegernheim. Hinzu kommen kleinere Projekte wie die WG Donaustauf und der Kauf beziehungsweise die Anmietung von zwei Einfamilienhäusern in Haselbach.
Was hat Ihnen persönlich bei der Bewältigung dieser umfangreichen und vielschichtigen Aufgaben Kraft gegeben?
Mich leitet Anselm Grün: eine Führungskraft dient dem Leben und weckt Leben. Man muss sehen, hören und spüren, was die Personen, für die man Verantwortung trägt, brauchen und wünschen. Ich war bei meiner Arbeit für und in St. Hildegard immer mit vollem Herzen dabei, habe diese Arbeit sehr geliebt und fühle mich den Mitarbeitern und Bewohnerinnen enorm verbunden. Ich bin sehr dankbar, ich hatte ein hervorragendes Team und ein sehr erfüllendes Berufsleben in St. Hildegard. Nun freue ich mich auf meine Arbeit in der dann selbständigen Einrichtung WG St. Klara in Regensburg.
Welche Projekte und Entwicklungen stehen dort mittelfristig an?
An der Außenstelle in Tegernheim ist vor Kurzem das zweite Gebäude eröffnet worden. Dort sind zwölf ukrainische Geflüchtete untergebracht, die wir gut integrieren und bestmöglich unterstützen müssen. Außerdem gilt es, St. Klara als eigenständige Einrichtung zu etablieren und dafür die notwendigen Strukturen zu schaffen, denn bisher konnte St. Klara hier auf die Ressourcen der Wohngemeinschaft St. Hildegard zurückgreifen.
Text/Interview: Sebastian Schmid