Barrierefreiheit im Wohnungsbau
null Barrierefreiheit im Wohnungsbau
Am 20. und 21. November fand die Bauministerkonferenz in Würzburg statt. Mitglieder der Konferenz der Beauftragten aus Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderung (KBB) waren zu Gast und haben dort ihre Forderungen zum Thema barrierefreies Bauen und Wohnen vorgebracht.
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Holger Kiesel, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, betonte: „Barrierefreiheit ist für uns Beauftragte ein grundlegender Qualitätsstandard für modernes und zukunftsorientiertes Bauen und Wohnen, der auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht zur Disposition stehen darf.
Vorausschauendes barrierefreies Bauen ist weder besonders kostenintensiv noch besonders aufwändig. Es garantiert aber ein deutliches Plus an Selbstbestimmung und damit Lebensqualität für alle, die darauf angewiesen sind und letztlich einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft. Wir alle können schließlich sehr schnell in die Situation kommen, in der wir Barrierefreiheit essenziell benötigen.“ Bayerns Bauminister Christian Bernreiter, Vorsitzender der Bauministerkonferenz, betont: „Ich freue mich sehr, dass vier Beauftragte für Menschen mit Behinderung bei der BMK dabei waren und ihren Blickwinkel eingebracht haben. Barrierefreiheit im Wohnungsbau ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für eine inklusive Gesellschaft. Trotz der Herausforderungen durch Fachkräftemangel und knappe Budgets sollten wir weiterhin darauf achten, dass barrierefreies Bauen berücksichtigt wird. So schaffen wir lebenswerten und bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen.“
Hintergrund
Die Versorgung mit Wohnraum ist in Deutschland insgesamt sehr schwierig geworden. Es fehlt insbesondere an barrierefreien und bezahlbaren Wohnungen für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Bestandswohnungen sind überwiegend nicht barrierefrei, der Neubau kann den Wohnungsbedarf nicht decken und die Miete neugebauter Wohnungen ist für Menschen mit Behinderungen oder im Rentenbezug oft nicht finanzierbar.
Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft errechnete 2023 auf der Basis der Mikrozensus-Daten eine Versorgungslücke von mindestens 2,1 Millionen barrierefreien Wohnungen. Durch die demografische Alterung wird bis 2040 der zusätzliche Bedarf an weitestgehend barrierefreien Wohnungen bei mindestens 3,2 Millionen liegen, denn die Gruppe der über 67- Jährigen ist die am schnellsten anwachsende Bevölkerungsgruppe. Dabei ist Barrierefreiheit nicht zwingend mit hohen Mehrkosten verbunden, sondern kann durch gute Planung hergestellt werden. Dies hat u. a. die Studie „Barrierefreies Bauen im Kostenvergleich“ von Terragon in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund bereits 2017 gezeigt. Demnach macht Barrierefreiheit nur ca. 1 Prozent der Gesamtkosten im Vergleich zum Bauen mit Barrieren aus und spart nachträgliche Umbaukosten.
Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um barrierefreies Bauen und Wohnen zu befördern?
Die Beauftragten fordern deshalb unter anderem:
- Die Schaffung von barrierefreiem, uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbarem und bezahlbarem Wohnraum, sowohl im Bestand z.B. durch Aufstockungen als auch beim Neubau von Wohnungen.
- Die Mittel für die soziale Wohnraumförderung sind mit der Umsetzung von Barrierefreiheit zu verbinden.
- Die partizipative Entwicklung von Maßnahmenplänen ist anzustreben.
- Für den Abbau von Barrieren im Bestand müssen wirksame landeseigene Förderinstrumente vorhanden sein.
- Baurechtliche Regelungen sind auf ihre Auswirkungen auf die Förderung der Barrierefreiheit und Rollstuhlgerechtigkeit zu überprüfen, um dem Wohnraumbedarf unter dem Aspekt der staatlichen Daseinsvorsorge Rechnung zu tragen. Im Gebäudetyp-e ist auch über die Pilotphase hinaus die Barrierefreiheit als eines der Schutzziele fest zu verankern.
- Die mit der Anpassung der Musterbauordnung 2024 für eine Vielzahl von Fallgestaltungen eingeführte regelhafte Zulassung von Abweichungen (§ 67 MBO - Soll- statt Kann-Vorschrift) muss rückgängig gemacht werden. Sie ist insbesondere bei wesentlichen Nutzungsänderungen dem Abbau von Barrieren abträglich.
- Ein Barrierefreiheitscheck bereits in der Planungsphase ist Grundlage für eine verlässliche Umsetzung.
- Die Städtebauplanung und -förderung muss systematisch auf die Entwicklung von umfassend barrierefreien Stadtquartieren ausgerichtet werden, ein „Design for all“ muss Leitbild für die Gestaltung sein.
Holger Kiesel, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung http://www.behindertenbeauftragter.bayern.de | E-Mail: behindertenbeauftragter@stmas.bayern.de