null Adipositas-Zentrum JumpaKids


„Ein äußerst wichtiges Angebot“

Eine unbeschwerte, glückliche Kindheit erleben Kinder dann, wenn sie gesund in einem stabilen familiären Umfeld aufwachsen. Stark übergewichtigen Kindern hingegen drohen ernsthafte gesundheitliche Probleme wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Fettleber, Gelenkschäden sowie psychosoziale Belastungen wie Depression, soziale Benachteiligungen und Mobbing. Das Adipositas-Zentrum JumpaKids der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) wirkt diesen Bedrohungen seit drei Jahren erfolgreich entgegen.

Hintere Reihe: Leiter der Erziehungsberatungsstelle der KJF in Regensburg, Dr. Hermann Scheuerer-Englisch; Gerhard Lindner, Direktor der AOK Regensburg-Neumarkt; Karin Germann-Bauer, AOK-Expertin für betriebliches Gesundheitsmanagement; Dr. Georg Leipold, Kinderkardiologe Regensburg; Lorenz Schmid, Abteilungsleitung Zentrale Soziale Dienste der Stadt Regensburg; Bertin Abbenhues, Abteilungsleiter für Teilhabeleistungen für Kinder und Jugendliche KJF.
Vordere Reihe: Dorothea Brenninger, Leiterin von JumpaKids; KJF-Direktor Michael Eibl; Sozialbürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein und Helga Salbeck, Sachgebietsleiterin Gesundheitsförderung und Gesundheitshilfe im Landkreis Regensburg. (Foto: Olga Arnstein)

Das Modellprojekt JumpaKids hat zum Ziel, Kinder, Jugendliche und deren Eltern in Stadt und Landkreis Regensburg für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu gewinnen, um diese Probleme von vorherein zu vermeiden. Dabei sind Maßnahmen zur Motivation und Kompetenzförderung in den Bereichen Bewegung, gesundheitsförderliche Ernährung, Verbraucherkompetenz, sozial-emotionales Training, Stressbewältigung und Suchtprävention wichtige Säulen einer nachhaltigen und umfassenden Gesundheitskompetenz.

Die KJF, die AOK Bayern – Die Gesundheitskasse, die Sanddorf-Stiftung sowie Stadt und Landkreis Regensburg haben das Adipositas-Zentrum am 1. November 2019 auf den Weg gebracht. Die AOK Bayern unterstützt den Bereich der Prävention im Bereich der verhaltensbezogenen und der verhältnisbezogenen Prävention nach § 20 und § 20 a SGB V. Durch die Sanddorf-Stiftung, Stadt und Landkreis erfährt das Modellprojekt verlässliche Förderung für die Bereiche Beratung und Intervention.

Seit seinem Start im Rahmen eines dreijährigen Projekts es sich zu einer hoch geschätzten Anlaufstelle für das Thema Adipositas bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. Zum Ende der Projektlaufzeit stellen die Beteiligten fest, dass JumpaKids von Schulen, Ärzten und weiteren Institutionen als Kompetenzzentrum in Stadt und Landkreis Regensburg wahrgenommen wird und als Drehscheibe in der Vermittlung von gezielten, niederschwelligen Angeboten für adipöse oder von Adipositas gefährdete Kinder und Jugendliche dient.

Von 2019 bis 2022 konnte ein Versorgungssystem mit Angeboten der Prävention sowie der Beratung für Kinder und Jugendliche mit Adipositas-relevanten Themenstellungen aufgebaut werden, das dem besonderen Bedarf von Familien mit adipösen und davon gefährdeten Kindern entspricht, die einerseits eigeninitiativ oder auch mit Hilfe von Initiatoren und Unterstützern die Möglichkeit von Beratung und weiteren Angeboten wahrnehmen können.


Die Angebote von JumpaKids im Überblick

So bietet JumpaKids Kochtreffs für Jugendliche und Familien, bei denen gesunde und schmackhafte Gerichte vorgestellt werden, die sich leicht zu Hause nachkochen lassen. Bei der Ferienaktion „Ab ins Grüne – Kräuterpirsch mit Spiel, Spaß und Genuss“ können die Kinder Wildkräuter sammeln und Neues ausprobieren. Das Elterntraining vermittelt den Teilnehmern Kompetenzen für eine ausgewogene Ernährungsweise und hilft ihnen, Lebensmittelverpackungen, Zutatenlisten und Nährwerttabellen zu analysieren.

Das Gruppenangebot „Jungs in Action“ soll, den sozialen Austausch zwischen den Teilnehmern fördern, da viele Jungen in diesem Alter einen teils ausufernden Medienkonsum haben mit einhergehender Armut an Sozialkontakten und daraus resultierender Isolation. Durch die Corona-Pandemie hat sich dieser Umstand noch verschärft. Der Zusammenhang zwischen Langeweile, Kummer oder auch Wut mit dem eigenen Essverhalten wurde genauer beleuchtet.

„Girls Talk“ richtet sich an Mädchen zwischen elf und 15 Jahre. Das Ziel dieses Gruppenangebots ist es, dass aus Kindern glückliche, verantwortungsvolle und selbstbewusste Erwachsene werden. Die Jugendlichen lernen, wie Gefühle das Verhalten beeinflussen. Dies soll helfen, Kontrolle über das Handeln zu gewinnen und Verantwortung für das eigene Verhalten zu entwickeln. 826 Kinder und Jugendliche haben an den Veranstaltungen teilgenommen.

Ein besonderes Qualitätsmerkmal des Adipositas-Zentrums ist die Beziehungsarbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Denn gerade dadurch gelang es, trotz erheblicher Hürden durch die Kontaktbeschränkungen während der vergangenen Corona-Jahre die Angebote in Präsenz aber auch digital (durch Webex, Jitsi und Filmsequenzen auf der Homepage) aufrechtzuerhalten. Ebenso trug die intensive Netzwerkarbeit mit Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Jugendämtern sowie Kinder- und Jugendärzten dazu bei, dass in Zeiten der häufigen Unplanbarkeit Multiplikatoren geschult werden konnten und dadurch den Jugendsozialarbeiterinnen und Jugendsozialarbeitern an Schulen Grundwissen zur Prävention von Adipositas vermittelt werden konnte. 25 Grundschulen, fünf Mittelschulen, fünf Realschulen, drei Berufsschulen, drei Sonderpädagogischen Förderzentren und ein Gymnasium wurden damit erreicht.

Mittels Befragung der Klienten wurde einerseits deren Zufriedenheit erfragt, weiterhin wurde eine Datenbasis erarbeitet, die Auskunft über soziodemographische Hintergründe als auch Entwicklungen und Erfolge im Rahmen der Angebote von Jumpakids aufzeigt. Insgesamt konnten hier 233 Familien einbezogen werden. Ihre Antworten ergaben, dass das JumpaKids-Beratungsteam die Klienten gut erreichte und dass sich die Klienten verstanden und wertgeschätzt fühlten. Eine gute Beziehung zum Berater ist die wichtigste Voraussetzung für Veränderungsprozesse hinsichtlich des Verhaltens, aber auch hinsichtlich des Aufbaus sozioemotionaler Ressourcen wie Selbstwirksamkeit, Motivation, Selbstbewusstsein und Selbstakzeptanz.

Innerhalb der Auswertungsergebnisse verdient die durchschnittliche Gewichtsabnahme der Teilnehmer besondere Beachtung und soll mit den Bewertungsmaßstäben der  Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) für hochschwellige, strukturierte Schulungs- und Therapieprogrammen verglichen werden. Gewichtsabnahmeerfolg wird bei Kindern und Jugendlichen im sog. BMI-SDS (Standard Deviation Scores) erfasst. Der BMI-SDS ordnet die Klienten einer dem Alter und Geschlecht entsprechenden Referenzgruppe zu. Dabei definiert die BzgA für sechsmonatige bis jährige Therapie- und Schulungsprogramme eine BMI-SDS-Reduktion

  • zwischen 0 und 0,2 als stabilisierend
  • zwischen 0,2 und 0,5 als erfolgreich (mittlere Gewichtsreduktion)
  • grösser 0,5 als sehr erfolgreich

 
Jumpakids erreichte eine durchschnittliche BMI-SDS-Reduktion von 0,23, liegt damit im Bereich der mittleren Gewichtsreduktion und gilt als erfolgreich. Jumpakids konnte damit als niedrigschwelliges Versorgungsangebot eine Gewichtsabnahme erzielen, die auch bei hochschwelligen Therapieprogrammen als erfolgreich definiert ist.
Die AOK Bayern - die Gesundheitskasse hat das Projekt mit der höchstmöglichen Förderlaufzeit von drei Jahren (1. November 2019 bis 31. Oktober 2022) unterstützt. Um darüber hinaus die Nachhaltigkeit dieses erfolgreichen Projektes absichern zu können, haben sich nunmehr Stadt und Landkreis Regensburg, die Sanddorf-Stiftung und auch die KJF Regensburg bereiterklärt, eine weitere Finanzierung dieses Angebotes bis zum 31. August 2024 zu übernehmen.

Ziel ist es, bis zu diesem Zeitpunkt eine stabile Grundlage für die künftige Finanzierung abstimmen zu können.  Hierzu steht als nächster Schritt der Abschluss der Ausarbeitung des sogenannten „Disease Management Programms für Kinder und Jugendliche mit Adipositas“ bis zum 31. Juli 2023 an, um dann bis zum 31. August 2024 den Weg der finanziellen Sicherung abschließen zu können.  

Weitere Informationen, der Jahresbericht des Adipositas-Zentrums sowie Feedbacks der Klienten sind unter www.jumpakids.de abrufbar.

Das Adipositas-Zentrum JumpaKids: Seit seinem Start im Rahmen eines dreijährigen Projekts es sich zu einer hoch geschätzten Anlaufstelle für das Thema Adipositas bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. (Foto: Olga Arnstein)


Stimmen der beteiligten Projektpartner

Michael Eibl, Direktor der KJF: „Mit dieser Beratungsstelle und der Präventionsarbeit konnten wir ein äußerst wichtiges Angebot schaffen. Ich bin sehr dankbar, dass uns unsere Partner weiter unterstützen. Wir arbeiten mit großen Einsatz an einer Regelfinanzierung. Die Politik darf diese jungen Menschen nicht im Stich lassen!“

Sozialbürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein: „Die Weiterführung des Modellprojekts spricht für seinen Erfolg. Hier wird Kindern und Jugendlichen geholfen, die sich wieder wohl im eigenen Körper fühlen wollen. Achtsamkeit sowie gesunde Ernährung sind wichtig. Ebenso freue ich mich über Motivation für die Nutzung der vielen Angebote für Bewegung und Sport, die unsere Stadt bereithält.“

Gerhard Lindner, Direktor der AOK Regensburg-Neumarkt: „Als Gesundheitskasse liegt uns das Thema Prävention sehr am Herzen. Gesundheitsförderung und Vor­beugung sollen so früh wie möglich im Leben ansetzen und die Kinder und Jugendlichen in ihren Lebenswelten erreichen. Mit der Unterstützung von JumpaKids möchten wir unseren Beitrag leisten. Die Kinder und Jugendlichen in unserer Region sollen durch gezielte Präventionsangebote in Kitas, Schulen und Horten zu einem gesunden Lebensstil angeleitet werden. Mit den Fachleuten, die an dem Projekt beteiligt sind, haben wir die besten Voraussetzungen, diese Ziele zu erreichen.“

Lorenz Schmid, Abteilungsleitung Zentrale Soziale Dienste der Stadt Regensburg: „Ich freue mich sehr, dass sich das Adipositas-Zentrum JumpaKids nach der über dreijährigen Projektphase inzwischen so gut etabliert hat. Für viele Kinder, Jugendliche und deren Familien ist es ein wichtiger Anker in der Unterstützung geworden. Durch die sehr breitgefächerten und zielgerichteten Beratungsangebote besteht inzwischen in Regensburg ein unverzichtbarer Baustein in der Behandlung und im Umgang mit adipösen und von Adipositas gefährdeten Kindern und Jugendlichen. Weil uns die Gesundheit der JumpaKids sehr wichtig ist, unterstützen wir dieses Angebot finanziell und durch unsere Mitarbeit im Beirat.“

Helga Salbeck, Sachgebietsleiterin Gesundheitsförderung und Gesundheitshilfe im Landkreis Regensburg: „Der Landkreis Regensburg unterstützt das Projekt JumpaKids, damit übergewichtige Kinder und Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern frühzeitig beraten werden können. JumpaKids beinhaltet sowohl gesundheitliche wie pädagogische Aspekte. Durch längerfristige Interventionen z.B. zu gesunder Ernährung, Reduktion von zuckerhaltigen Softdrinks, körperlicher Aktivität, Einbeziehung der Familien und des sozialen Umfeldes, werden hilfreiche und vorbeugende Angebote vermittelt, die es in dieser Kombination ansonsten nicht gibt.“

Dr. Georg Leipold, Kinderkardiologe Regensburg: „JumpaKids hat mit viel Engagement gezeigt, dass die Betroffenen erreicht werden und sie sich erfolgreich auf das Angebot einlassen. Damit konnte die bislang klaffende Versorgungslücke zwischen Arztpraxis und Schulungsprogramm ausgefüllt werden. JumpaKids hat die Lebenssituation vielen Familien entscheidend verbessert. Das ist weit mehr, als sich erwarten ließ.  Adipositasberatungsstellen sind ein wichtiger, effektiver Therapieansatz, der unbedingt in die Versorgungstruktur Adipositas eingebunden werden muss.“

Birgit Hahn, Geschäftsführerin der Sanddorf-Stiftung: „Unsere Stiftung begleitet die Idee einer zentralen Beratungs- und Informationsstelle zu Adipositas schon seit Jahren. Wir waren deshalb sehr froh, dass sich mit der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg ein so engagierter Träger gefunden hat. Auch konnte ein kompetentes, multidisziplinäres Team zusammengestellt werden, dass mit großer Empathie für die Betroffenen arbeitet.  Die Sanddorf-Stiftung engagiert sich zu Gesundheitsthemen: Dabei wollen wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen und die Vorteile einer gesunden Lebensweise aufzeigen. Dazu gehört neben gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung auch der Bereich mentale Gesundheit. Daher finden wir das Konzept von JumpaKids hervorragend. Die Kinder und Jugendlichen werden auf allen Ebenen angesprochen, mit Ernährungsbildung, gemeinsamen Kochen, mit Sportangeboten aber auch mit Gesprächen zur Lebenssituation.  Wir sehen, dass Jumpakids ein Hoffnungsträger für viele Familien in der Region geworden ist, die sich mit ihren Problemen allein gelassen fühlten. Darüber hinaus ist Jumpakids eine wichtige Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Adipositas informieren möchten.“

Text: Sebastian Schmid  //  Fotos: Olga Arnstein