null 20 Jahre Partnerklassen am Bischof-Wittmann-Zentrum

Vor 20 Jahren schon begann in dem privaten Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg (KJF) inklusiver Unterricht. Denn Kinder mit und ohne Behinderung trafen und treffen sich bis heute mehrmals in der Woche an Regelschulen in sogenannten Partnerklassen zum gemeinsamen, lerndifferenten Unterricht. Neben den individuell für sie angepassten Inhalten, lernen sie Rücksicht zu nehmen, aufeinander zuzugehen und einander zu helfen. Sie bauen Berührungsängste und Vorurteile ab.

Gemeinsam stark für die Inklusion: Pioniere und Visionäre feiern Kompetenz – statt Differenzorientierung (Foto: Olga Arnstein)

Domkapitular Michael Dreßel, Vorsitzender der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg, und KJF-Direktor Michael Eibl eröffnen die Veranstaltung, an der auch die stellvertretende Landrätin Maria Scharfenberg und Partner aus der Regierung der Oberpfalz teilnehmen. „Ein Markenkern der KJF ist es, Brücken zu bauen. Und dafür braucht es ein tragfähiges Fundament. Die KJF hat es mit dem christlichen Menschenbild. Jeder Mensch – egal ob jung oder alt, gesund oder krank, eingeschränkt – ist Gottes Ebenbild. Darin liegt seine Würde begründet, die ihm niemand nehmen kann und nehmen darf“, stellt Michael Dreßel heraus. Den Brückenbauern, die Kindern, die es schwer haben, die bestmögliche, umfassende Bildung und Förderung geben, dankt der Vorsitzende der KJF herzlich: „Sie verwirklichen ein gelungenes Inklusionsmodell – eine gelungene Brücke!“

Das Bischof-Wittmann-Zentrum ist eines von sieben Förderzentren der KJF mit dem Schulprofil Inklusion. Die Förderzentren erfüllen die Qualitätsstandards einer Profilschule und haben Inklusion als leitend für ihre Schulentwicklung festgelegt. „Förderzentren sind in Bayerns inklusiver Bildungslandschaft Motor und Garant für Inklusion. Das zeigt die 20-jährige Geschichte der Partnerklassen am Bischof-Wittmann-Zentrum und die der insgesamt neun Förderzentren und drei Förderberufsschulen der KJF, die lange vor Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 begann“, so KJF-Direktor Michael Eibl. Er ist überzeugt: „Inklusion von klein auf, professionell begleitet von pädagogischen Fachkräften ist für Kinder und ihre Familien – für die ganze Gesellschaft – ein Konzept mit Erfolgsgarantie.“

„Ich danke allen im Bischof-Wittmann-Zentrum für das große Engagement, mit dem sie inklusiven Unterricht im Landkreis Regensburg an mehreren Regelschulen wie in Großberg/Pentling, Undorf, Nittendorf und aktuell in Lappersdorf und Hainsacker seit nunmehr 20 Jahren umsetzen. Die engagierten Pädagoginnen und Pädagogen haben Pionierarbeit für den gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung geleistet“, stellt Landrätin Tanja Schweiger anlässlich des Jubiläums lobend heraus. Das Thema liegt ihr am Herzen und sie hätte den Termin sehr gerne selbst wahrgenommen. Die stellvertretende Landrätin Maria Scharfenberg übermittelt die Grüße und Anerkennung der Landrätin.

Schul- und Einrichtungsleiterin Dr. Katja Sachsenhauser lebt mit der gesamten Schulfamilie das Thema Inklusion jeden Tag: „Inklusion funktioniert nur, wenn sie im Alltag von allen gelebt wird. In Zukunft hoffentlich auch mehr und mehr über den schulischen Bereich hinaus“, so Dr. Katja Sachsenhauser. Sie führte durch den informativen Nachmittag mit Interviewpartnern und rührenden Videobotschaften der Kinder aus Partnerklassen.

 

Inklusive Beschulung – eine Erfolgsgeschichte mit Zukunft

Ein Auszug aus dem Elternbeiratsprotokoll vom 19. November 2001 zeigt die Anfänge der Partnerklasse: Auf dem Plan stand für zwei Jahre eine Außenklasse – wie die Partnerklassen damals hießen - in der Grundschule Königswiesen. Der damalige Schul- und Einrichtungsleiter des Bischof-Wittmann-Zentrums, Ludwig Faltermeier, glaubt laut Protokoll bereits an eine Erfolgsgeschichte und so liest man weiter: „Aufgrund des Engagements der Integrationseltern könnten wohl vier Jahre daraus werden, da deren Wunsch sogar über die Grundschulzeit hinausgeht.“ Und tatsächlich ging das Konzept so gut auf, dass es aktuell an folgenden Standorten Partnerklassen gibt: Grundschule Kareth, Hainsacker und Wenzenbach, Mittelschule Lappersdorf, Berufsschulzentum Regensburg Land, Grundschule Stadt Regensburg Königswiesen und Kreuzschule im alten Jahnstadion.

 

„Wir wünschen uns, dass es weitergeht!“

Das sagt Ralf Lehmann, der Papa von Juliane. Das Mädchen hat eine geistige Behinderung und geht seit der ersten Klasse in die Grundschule Hainsacker. Juliane war bereits in einem integrativen Kindergarten und danach im Bischof-Wittmann-Zentrum in einer schulvorbereitenden Klasse. „Als Frau Dr. Sachsenhauser uns den Vorschlag machte, Juliane in die Partnerklasse nach Hainsacker zu schicken, waren wir verunsichert. Ein neues Gebäude, neues Umfeld…“, so Ralf Lehmann. Doch die anfänglichen Ängste waren schnell weg. „Gemeinsame Berührungspunkte mit Kindern ohne Behinderung tun der Entwicklung von Juliane sehr gut. Die Lehrkräfte des Bischof-Wittmann-Zentrums und die der Regelschule sind sehr bemüht und engagiert den Inklusionsprozess zu begleiten. Julianes Alltagskompetenz ist sehr gestiegen und für Juliane und uns als Familie war es der richtige Weg in die Partnerklasse zu gehen – wir wünschen uns, dass das Konzept noch lange weitergeht“, so der zufriedene Vater.

Text: Olga Arnstein