Soziale Berufe brauchen Herz und Können
null Soziale Berufe brauchen Herz und Können
Sinnvolle Arbeit, sichere Zukunft
Die Suche nach qualifizierten Fachkräften wird zunehmend schwieriger. Besonders im sozialen Bereich bleibt die Lage angespannt. Die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) setzt deshalb auf neue Recruiting-Wege, transparente Kommunikation und eigene Ausbildungsangebote, um den Fachkräftemangel aktiv anzugehen.
Der Fachkräftemangel ist kein neues Phänomen. Doch gerade im sozialen Bereich gibt es keine Entspannung – im Gegenteil. Der demografische Wandel trifft Träger wie die KJF gleich doppelt: Die Nachfrage nach Angeboten steigt, während gleichzeitig viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. „Wir können aber auch einige Babyboomer gewinnen, etwas länger zu arbeiten oder zeitweise zu unterstützen“, betont Michael Eibl, Direktor der KJF.
Engpassberufe und wachsende Herausforderungen
Die Bundesagentur für Arbeit führt jährlich eine sogenannte Engpassanalyse durch. Berufe gelten als Engpassberufe, wenn statistisch zu wenige Arbeitssuchende auf zu viele freie Stellen kommen. Für die Berufsgruppe „Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege“ zeigt die Analyse 2024, dass offene Stellen durchschnittlich 70 Tage unbesetzt bleiben – Tendenz steigend. Das Verhältnis von Arbeitssuchenden zu den offenen Stellen liegt bei 1,8 und erfüllt damit klar das Engpasskriterium.
Auch der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V. (CBP) fordert dringend Unterstützung für das Berufsfeld der Heilerziehungspflege. CBP-Vorsitzender Matthias Tyrichter mahnt: „Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist durch den Fachkräftemangel erheblich gefährdet. Die Heilerziehungspflege gehört zu den Engpassberufen und die Ausbildung muss deshalb gezielt durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden.“
Ausbildung und Qualifizierung aus eigener Hand
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, verfolgt die KJF mehrere Ansätze. Dazu gehören crossmediale Recruiting-Kampagnen, mit denen Menschen für soziale Berufe begeistert werden sollen, ebenso wie ein ehrlicher Einblick in den Berufsalltag, der sowohl die verantwortungsvollen als auch die erfüllenden Seiten der Arbeit zeigt. „Auf Berufsmessen oder in Praktika wollen wir Berührungsängste und Fehlinformationen abbauen. Wir informieren offen über unsere Arbeit und darüber, wie wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür qualifizieren“, erklärt Michael Eibl. Auch über den eigenen Träger hinaus sieht die KJF es als ihre Aufgabe, junge Menschen für den sozialen Bereich zu begeistern. „Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, Interesse und Begeisterung für soziale Berufe zu wecken“, ergänzt Christine Allgeyer, persönliche Referentin des Direktors.
Ein entscheidender Baustein ist außerdem die Qualifizierung neuer Fachkräfte. Die KJF bildet nicht nur intern fort, sondern auch selbst aus. Dazu zählen die Fachschulen für Heilerziehungspflege in Abensberg und Erbendorf, sowie die Fachakademie für Heilpädagogik in Regensburg. Dort werden zukünftige Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger sowie Heilerziehungspflegehelferinnen und -helfer ausgebildet und der Studiengang Heilpädagogik angeboten. So schafft sich die KJF einen direkten Zugang zu qualifizierten Fachkräften und eröffnet Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klare Perspektiven zur beruflichen Weiterentwicklung. „Es geht uns nicht darum, einfach nur Köpfe für die KJF zu gewinnen“, so Michael Eibl. „Wir suchen Menschen, die diese Arbeit von Herzen gerne machen und auch die alltäglichen Herausforderungen in diesen Berufen meistern können.“
Wer den sozialen Beruf wählt, wird gebraucht
In Einrichtungen wie dem Bischof-Wittmann-Zentrum in Regensburg, eine von vielen Einrichtungen der KJF, zeigt sich die Situation besonders deutlich. Viele erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Babyboomer-Generation stehen kurz vor dem Ruhestand. Gleichzeitig ist die Arbeit komplexer als in einem Regelkindergarten: Kinder und Jugendliche bringen unterschiedlichste Herausforderungen mit, häufig sind individuelle Begleitungen notwendig. Gesetzliche Anforderungen schreiben zudem eine bestimmte Qualifikation der Fachkräfte vor.
Aktuell werden insbesondere Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, Erzieherinnen und Erzieher sowie Heilerziehungspflegerinnen und -pfleger gesucht. In vielen Einrichtungen ist die KJF bereits gut besetzt, doch in manchen Teams – zum Beispiel im Bischof-Wittmann-Zentrum – werden vermehrt neue Fachkräfte benötigt. „Wir werben sowohl mit unserer Haltung als auch mit konkreten Entwicklungsmöglichkeiten“, sagt Michael Eibl. „Wir möchten Menschen gewinnen, die sich bewusst für diese Arbeit entscheiden – und die wir langfristig begleiten können.“
Hier zählt Fachlichkeit und Herz
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der KJF erleben ihre Arbeit nicht nur als Beruf, sondern als erfüllende Aufgabe. Nicola Stöcker (21) hat nach ihrer Ausbildung zur Kinderpflegerin schnell gemerkt, dass sie lieber mit älteren Kindern und Jugendlichen arbeitet. Ihr Praktikum im Haus St. Elisabeth in Windischeschenbach bestärkte sie: „Die Arbeit ist einfach toll – sowohl mit den Kindern als auch im Team.“
Für Quereinsteigerin Antje Elsäßer (52) war der Wechsel zur KJF eine bewusste Entscheidung. Nach 28 Jahren in der freien Wirtschaft wollte die 52-Jährige wieder direkter mit Menschen arbeiten – heute ist sie im Kinderzentrum St. Martin tätig: „Die Zusammenarbeit ist unheimlich schön, und vor allem das, was ich tue, weil es wirklich einen Sinn hat.“
Simon Aigner (29) im Bischof-Wittmann-Zentrum erlebt die Arbeit als herausfordernd, aber besonders erfüllend: „Ich bin oft platt, aber auf eine positive Weise – weil ich weiß, dass ich das Richtige getan habe.“
Text: Annika Jehl