Requiem für Apostolischen Protonotar Dr. Josef Schweiger
null Requiem für Apostolischen Protonotar Dr. Josef Schweiger
PREDIGT BEIM REQUIEM FÜR + APOSTOL. PROTONOTAR DR. JOSEF SCHWEIGER
Liebe Mitbrüder im priesterlichen Dienst,
ehrwürdige Schwestern,
liebe Familie unseres Verstorbenen,
liebe Frau Kirsch,
liebe Dienstgemeinschaft der KJF-Familie,
verehrte Trauergemeinde!
Der heilige Augustinus, einer der großen Bischöfe und Theologen der frühen Kirche – er starb im Jahr 430 im nordafrikanischen Tagaste – berichtet uns in seinen „Confessiones“, seinen sog. „Bekenntnissen“ vom letzten Gespräch mit seiner Mutter Monika. Auf dem Sterbebett sagt sie zu ihm und seinem Bruder: „Begrabt diesen Leib irgendwo, macht euch keine Sorgen um ihn. Nur um das eine bitte ich euch: Wo immer ihr auch seid, gedenkt meiner am Altar des Herrn.“ – Das bedeutet: Gedenkt meiner in der Feier der Eucharistie.
Der Altar als Ort christlichen Gedenkens
Genau das tun wir jetzt. Wir gedenken unseres Verstorbenen, H.H. Apostolischen Protonotar Dr. Josef Schweiger, Ihres „Onkels Sepp“, „unseres Prälaten“ – wie es in der KJF fast schon zum geflügelten Wort geworden ist – nicht irgendwo, sondern am Altar; an jenem Ort, an dem er als Priester über 60 Jahre Tag für Tag stand, das Wort Gottes verkündete und uns das Brot des Lebens reichte. Wir tun dies in der Kirche, in der er vor fast 90 Jahren getauft wurde und Jahre später als Neupriester seine Primiz feiern durfte. Wir tun dies in dem Ort, in dem er am 16. April 1936 als viertes Kind der Eheleute Josef und Anna Schweiger in eine große Familie hineingeboren wurde. Mit sechs Geschwistern wuchs er auf. Seiner großen Familie blieb er Zeit seines Lebens verbunden. Sie, liebe Frau Schweiger-Kabesch, eine der Nichten, werden am Ende dieses Gottesdienstes in einem Nachruf einen ganz persönlichen Blick auf Ihren „Onkel Sepp“ werfen. Schon jetzt ein herzlicher Dank dafür!
Nach dem Besuch der Volksschule hier in Riedenburg wechselte der junge Josef Schweiger an die Oberrealschule Ingolstadt, wo er 1956 das Reifezeugnis erwarb. Schon damals zeigte sich ein Charakterzug, der unseren Verstorbenen ein Leben lang auszeichnen sollte: die Fähigkeit zu führen und zu leiten. Denn schon im Reifezeugnis ist vermerkt: „Als Sprecher der Schülerschaft leistete er Ersprießliches im Rahmen der Schülermitverwaltung.“
Die erste Wegmarke: Bestellt zum priesterlichen Dienst
An die Schulzeit schlossen sich Jahre des Studiums der Theologie, Philosophie und Psychologie an. Als Studienorte hatte Josef Schweiger das Jesuiten-Collegium Canisianum in Innsbruck, damals eine der renommiertesten theologischen Hochschulen im deutschsprachigen Raum, und das spanische Madrid gewählt. Am 29. Juni 1962 mündeten die Jahre der Vorbereitung in den Empfang der Priesterweihe, die ihm Bischof Dr. Rudolf Graber im Hohen Dom zu Regensburg spendete: die erste, entscheidende Wegmarke im Leben unseres Verstorbenen.
Es folgten die Jahre der Dissertation, die Freistellung für den Eintritt in eine Priestergemeinschaft; als sich dies nicht verwirklichen ließ, eine Kaplanstelle in Kösching und schließlich die Tätigkeit als Repetitor im Regensburger Priesterseminar. Drei Jahre sollte er dort an der Ausbildung künftiger Priester mitarbeiten.
Sein eigenes priesterliches Wirken hatte Josef Schweiger bereits 1962 unter den Primizspruch „Bleibt in meiner Liebe!“ aus dem Evangelium nach Johannes (15,9) gestellt. Dabei war ihm immer klar, dass dieses Bleiben in der Liebe Gottes aufs Engste verbunden sein muss mit der Liebe zum Nächsten, besonders dann, wenn dieser schwach ist und der Hilfe bedarf. Josef Schweiger war sich bewusst, dass dabei weniger kluge Worte zählen als vielmehr beherztes Handeln. Erst jüngst hat Papst Leo XIV. in seinem Schreiben „Dilexi te“ „praktizierte Nächstenliebe“ als „den glühenden Kern der kirchlichen Sendung“ und als „das Kriterium für den wahren Gottesdienst“ bezeichnet.
Die zweite Wegmarke: Im Dienst der Katholischen Jugendfürsorge
Praktizierte Nächstenliebe als glühender Kern kirchlicher Sendung – Dieses Thema ist aufs Engste verbunden mit der zweiten entscheidenden Wegmarke im Leben unseres Verstobenen. 1970 wurde sie ihm im wahrsten Sinn des Wortes zur Lebensaufgabe: die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg.
36 Jahre als geschäftsführender Direktor, weitere 10 Jahre als Vorsitzender und schließlich bis zu seinem Tod als Ehrenvorsitzender – über ein halbes Jahrhundert hat „unser Prälat“ diesen größten Fachverband der Caritas im Bistum Regensburg geprägt und begleitet und wurde so zur Personifikation der KJF. Wenn nachher Direktor Michael Eibl in einem Nachruf diese Jahrzehnte näher ausleuchten wird, dann werden wir alle verstehen, warum Josef Schweiger sowohl von staatlicher als auch von kirchlicher Seite mit höchsten Auszeichnungen geehrt wurde.
Bei seiner Verabschiedung als Vorsitzender der KJF sagte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer etwas sehr Charakteristisches zum Selbstverständnis des Verstorbe-nen: „Die meisten Bilder von Ihnen gibt es mit Stola.“
Ja, Josef Schweiger war als Direktor und Vorsitzender der KJF immer Priester und Manager zugleich. In diesem Balanceakt zwischen Seelsorge einerseits und Management andererseits ist es sein großes Verdienst, dass die drei wesentlichen Grunddimensionen von Kirche – Liturgie, Verkündigung und gelebte Nächstenliebe – in der KJF aufs Engste miteinander verzahnt sind. Sein Vermächtnis an uns ist es, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Mit seiner ganzen Person stand „unser Prälat“ ein für das, was Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Deus caritas est“ auf so wunderschöne Weise herausgestellt hat: Das caritative Wirken, „der Liebesdienst ist für die Kirche nicht eine Art von Wohl-fahrtsaktivität, die man auch anderen überlassen könnte, sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst.“
Papst Benedikt hat in diesem wichtigen Lehrschreiben auch aufgezeigt, was einem Mitarbeiter im caritativen Bereich auszeichnen muss. Wenn ich nun eine Passage vortrage, bitte ich Sie, dabei an das Wirken unseres Verstorbenen in der KJF zu denken. Der Papst schreibt: Zunächst ist „berufliche Kompetenz nötig.“ Er muss „das Rechte auf die rechte Weise tun (…) Berufliche Kompetenz ist eine erste, grundlegende Notwendigkeit, aber sie allein genügt nicht. Es geht ja um Menschen, und Menschen brauchen immer mehr als eine bloß technisch richtige Behandlung. Sie brauchen Menschlichkeit. Sie brauchen die Zuwendung des Herzens (…) Deswegen brauchen diese Helfer neben und mit der beruflichen Bildung vor allem Herzensbildung.“ „Denn das Programm des Christen – das Programm des barmherzigen Samariters, das Programm Jesu – ist das ‚sehende Herz‘. Dieses Herz sieht, wo Liebe Not tut und handelt danach.“ Ein Herz, das sieht, wo Liebe Not tut und handelt. Kann man das jahrzehntelange Wirken von Josef Schweiger schöner zusammenfassen?
Die dritte Wegmarke: die Begegnung mit Christus im Tod
Die letzten Jahre von Prälat Schweiger waren schwer. Er musste erleben und erlei-den, wie seine körperlichen und geistigen Kräfte mehr und mehr nachließen. Eine schwierige Zeit – für ihn, wie auch für die Menschen, die ihm nahestanden, die ihn aber nicht allein gelassen haben: Ich denke mit Dankbarkeit an seine Familie, an Frau Agnes Kirsch, seine jahrzehntelange Haushälterin, aber auch an die Dienst-gemeinschaft der KJF, Herrn Direktor Eibl, Herrn Zumüller, der die rechtliche Betreuung übernahm, oder auch an Herrn Deisenrieder und Frau Kirchmann. Ich denke an die Pflegekräfte, die ihn erst zu Hause und dann, als es nicht mehr ging, im Caritasaltenheim Elisabethinum in Regensburg betreut haben. Vergelt’s Gott für Ihren treuen Einsatz!
So sind wir zur letzten, entscheidenden Wegmarke im Leben von Josef Schweiger gekommen: den 30. November 2025, seinen Todestag.
Dieser fiel auf den ersten Advent. Deswegen habe ich ganz bewusst Auszüge aus den biblischen Lesungen dieses Tages für dieses Requiem ausgewählt. Auf den ersten Blick scheinen diese Texte kaum geeignet zu sein für einen Trauergottesdienst. Auf einen zweiten, tieferen Blick aber erschließen sie uns die christliche Hoffnung angesichts des Todes umso mehr.
In der Lesung aus dem Römerbrief hörten wir die wunderbaren Worte: „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe“ (Röm 13,12). So paradox es klingen mag: Am Ende unseres Lebens erwartet uns nicht die dunkle Nacht des Todes, die einem Strudel gleich alles in den finsteren Abgrund des Nichts hinunterreißt. Nein, am Ende steht der anbrechende Tag, das Licht, das alle Finsternis erleuchtet, selbst die Finsternis des Todes. Auch das Evangelium weist in diese Richtung. Auf den ersten Blick ist dort von einer Weltuntergangskatastrophe die Rede, in der alles Leben auf dieser Erde ein für alle Mal ausgelöscht wird. Bei genauerem Hinschauen aber handelt es sich nicht um die Ankündigung des Untergangs, sondern um eine Botschaft der Hoffnung. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“, spricht der Herr (Mt 24,35). Am Ende, wenn alles vergangen ist, steht nicht der Tod, sondern der wiederkehrende Christus. Parusie nennen die Theologen sein Wiederkommen am Ende der Zeiten.
So ist es unsere christliche Hoffnung, dass Josef Schweiger am vergangenen Sonntag seine ganz persönliche Parusie erlebt hat: dass er im Tod nicht dem Abgrund der Verlassenheit begegnet ist, sondern Jesus Christus, unserem Herrn. Wo uns keine menschliche Stimme mehr erreichen kann, da wartet ER auf uns.
Liebe Schwestern, liebe Brüder! Wer diese Hoffnung in sich trägt, kann bei aller Trauer, bei allem Schmerz um den Verlust eines geliebten Menschen loslassen. Und so lassen wir unseren lieben Verstorbenen los: den Priester Josef Schweiger, Ihren „Onkel Sepp“, „unseren Prälaten“, diesen so feinen und noblen Menschen. Wir lassen ihn los, hinein in Gottes gute Hände!
Erlauben Sie mir am Ende ein ganz persönliches Wort. Als ich „unseren Prälaten“ am Sonntag wenige Stunden vor seinem Tod im Bezirksklinikum besucht habe, da war er nicht mehr ansprechbar. Was tut man in einem solchen Moment? – Man betet. Man spricht die Grundgebete der Kirche: das Credo, die Zusammenfassung des christlichen Glaubens. Das Vaterunser, dieses Schwarzbrot des Gebetsschatzes, von dem man Tag für Tag abbeißen kann, ohne dass man seiner jemals überdrüssig würde. Und das Ave Maria. Ich muss gestehen, dass mir gerade dieses zuletzt genannte Gebet am Sonntag ans Herz ging, endet es doch mit den Worten: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes“. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Gottesmutter Josef Schweiger in der Stunde seines Todes nicht allein gelassen hat.
Lieber Josef! Möge Dir der Herr all das Gute vergelten, das Du in Deiner Familie, in der Kirche, in der KJF, in Gottes Weinberg gewirkt hast. Und möge ER in seiner Barmherzigkeit vollenden, was Stückwerk geblieben ist in Deinem Leben! Ruhe in Frieden!
Domkapitular Michael Dreßel,
Vorsitzender der KJF
Riedenburg St. Johannes, 06. Dezember 2025