null Meditativer Impuls Oktober 2025

In meinem Heimatdorf Wolfsbuch machten die Mädchen und Buben des Kindergartens St. Andreas einen Ausflug und besuchten den Zimmereibetrieb meines Bruders Christian Deisenrieder. Dort durften sie sich handwerklich betätigen und zu Hammer, Nagel und Akkuschrauber greifen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Es entstand eine Riesenbank und ein langer Tisch. Alle fanden mit ihren bunten Bechern Platz und konnten sich ihre wohlverdiente Brotzeit schmecken lassen.

An einem (riesigen) Tisch ließen sich die Kinder aus dem Kindergarten St. Andreas ihre wohlverdiente Brotzeit schmecken. (Foto: Beate Deisenrieder)

Alle an einen Tisch zu bringen, ist das nicht ein Fest? In großer Gemeinschaft schmeckt des Essen meist besser. Gerade bei Kindern wird deutlich, wie appetitanregend das Zusammensein mit Anderen an einem Tisch sein kann. Und wenn das Leben nicht so läuft wie gewünscht, tut es uns allen gut, wenn da einer sagt: „Komm her, iss und trink erst mal!“

Beim Anblick dieses Fotos kommen mir auch biblische Worte in den Sinn. Im Psalm vom Guten Hirten heißt es: „Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde…, übervoll ist mein Becher.“ (Ps 23,5 in der Einheitsübersetzung 2016). Gott bietet inmitten von Schwierigkeiten, Streit und Konflikten für Versorgung, Schutz, Frieden und ein Leben in Fülle. Seine Fürsorge soll vor allem dort zum Tragen kommen, wo Unsicherheit, Trauer und Bedrohung herrscht. Das ist ein Aufruf an uns. Wer in einem sozialen Beruf mit verängstigten Kindern, gemobbten Jugendlichen, Orientierung suchenden Familienmitgliedern und sich einsam fühlenden alten Menschen zu tun hat, wird das Zusammenkommen an einem Tisch und das gemeinsame Essen als Segen erfahren.

Annette Jantzen drückt es in ihrem Gebet „An einem Tisch“ so aus:

Was für eine schöne Idee von dir,
Gott, uns alle an einen Tisch zu bringen,

uns alle mit unseren Glücksmomenten
und dem Dunklen, das wir mit uns tragen,

so dass wir teilen mehr als das Essen
und auch in der Seele satt werden,

wenn wir uns die Katastrophen der anderen nicht vom Leib halten
und trotzdem getröstet und geborgen sind.

Getröstet und geborgen könnten wir vielleicht auch mit denen am Tisch sitzen,
die wir nicht eingeladen hätten, und die doch deine Gäste sind,

denn wir sind so viele, Gott, so viele vor dir,
und zwischen uns stehen Bemühen und Sehnen und Schuld,

und wenn du da bist, können wir leicht werden,
uns dem Leben überlassen und deine Träume mitträumen,

denn deine Träume sind unsere Zukunft
Und es wird ein Fest sein ohne Ende. Amen.

Text: Georg Deisenrieder; Annette Jantzen, An einem Tisch, aus: Christ in der Gegenwart, 35/2025, S. 7.