Meditativer Impuls Juli 2022
null Meditativer Impuls Juli 2022
Atme auf!
Im Juli, in den Tagen vor den Sommerferien, legen viele Kolleginnen und Kollegen noch einmal einen Endspurt hin. Diese zusätzliche Anstrengung kommt in der ohnehin seit vielen Monaten angespannten Situation hinzu. Um ein wenig durchatmen und Kräfte sammeln zu können, laden wir zu einer kleinen Betrachtung der Glasfenster in der neugotischen Kirche Heilig Kreuz im Münchner Stadtteil Giesing ein:
Die vom Medienkünstler Christoph Brech gestalteten Chor- und Oratorienfenster wurden im Jahr 2019 mit großer Beachtung durch die Öffentlichkeit eingesetzt. Zunächst könnte man an eine Aneinanderreihung von Engelsflügeln, die den Blick nach oben in den Himmel schweifen lassen, denken. Erst beim Näherkommen erkennt man hunderte Paare von Lungenflügeln. Es sind weit über 1000 gesammelte Thoraxaufnahmen. Etwa dreißig davon hatten Mitglieder der Pfarrgemeinde gestiftet. Die Röntgenbilder wurden im Siebdruckverfahren auf hellblaue Glasscheiben übertragen und anschließend gebrannt. So sind nach den Worten des Künstlers „demokratische Stifterfenster“ entstanden. Im Gegensatz zu Kirchenfenstern der vergangenen Jahrhunderte konnte nun jede Frau, jeder Mann, jedes Kind, Stifterin oder Stifter werden und musste nicht vermögend sein.
Dieses Kunstwerk steht jetzt auch für die Atemnot unserer Zeit: die Atemnot während der Pandemie, von der so viele Menschen betroffen sind, die Atemnot, die der grausame Krieg in der Ukraine auslöst, die Atemnot angesichts der drohenden Energiekrisen und Hungersnöte, die Atemnot wegen der Verbrechen an Kindern und jungen Menschen und des Ausmaßes von Missbrauch in unserer Kirche. Da stockt einem wirklich der Atem!
Gönnen wir uns immer wieder Atempausen, damit wir neue Kräfte sammeln können, um uns auf unsere Kernaufgaben zu konzentrieren. Blasen wir unsere Lungenflügel auf, um uns kraftvoll für Kinder und junge Menschen, für Familien und Menschen mit Behinderungen einzusetzen. Wie die vielen Thoraxbilder von Christoph Brech eine grandiose Einheit bilden, so sollten wir uns gegenseitig stärken! Verbinden wir uns gemeinsam mit unserem Schöpfer, der allen von uns, von der Geburt bis zum Tod, Lebensodem einhaucht, so dass die Seele leicht wird und ihre Traumflügel entfalten kann. So können wir hoffnungsvoll der Zukunft entgegensehen.
Kathi Stimmer-Salzeder singt in ihrem Lied „Gib mir die richtigen Worte“:
… Gib mir den längeren Atem.
Mein Atem reicht nicht sehr weit.
Lass mich noch einmal verstohlen Atem holen
in deiner Ewigkeit.
Wenn ich die Meile mit einem teile,
die er alleine nicht schafft.
Lass auf der zweiten mich ihn noch begleiten.
Gib mir den Atem, die Kraft.
(KJF-Liederbuch, Nr. 23)
Text: Michael Eibl und Georg Deisenrieder