null Meditativer Impuls Februar 2023

Orden für besondere Ausdauer

In diesen Tagen gibt es wieder Prunksitzungen, in denen Karnevalsorden aller Art verliehen werden. Die Bandbreite ist groß, von „Wider den tierischen Ernst“ über den „Schlappmaulorden“ bis zum „Karl-Valentin-Orden“. Von Jugendlichen bekam ich vor etwa zwei Jahrzehnten diesen besonderen Orden verliehen – mit der Aufschrift „Für besondere Ausdauer“. Anscheinend bedeutet mir dieser beklebte Bierdeckel sehr viel, denn sonst würde ich ihn nicht so lange aufheben. Kürzlich entdeckte ich ihn wieder zwischen Weihnachtsdeko und Ostersachen. Ganz unten in der Schublade hat er sich verkrochen. Ich holte ihn heraus und plötzlich gingen mir viele Gedanken und Fragen durch den Kopf:
Zuallererst: Tja, ob ich den Orden heute auch noch bekommen würde? Dann: Was ist überhaupt „Ausdauer“? Zunächst könnte man an die körperliche Fitness denken, an den nötigen Sauerstoff, der bei großen Belastungen für genügend Energie sorgt und an Ausdauersportarten wie etwa Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen. Es kommt aber auch die andere Spielart der Ausdauer in den Sinn: die besondere Fähigkeit von Menschen, über eine lange Zeit hinweg, trotz aller Widerstände mit anhaltender Motivation, immer wieder Kräfte aufzubringen, um ein höheres Ziel zu verfolgen. Mir fallen auch Worte wie „Beharrlichkeit“, „Durchhaltevermögen“, „Standfestigkeit“, „Zähigkeit“ ein.

Foto: Georg Deisenrieder

Und da sind meine Bilder und Gedanken bei Kolleginnen und Kollegen, die in den vergangenen Jahren der Pandemie in der caritativ-sozialen Arbeit unermüdlich Tag für Tag, äußerste Entbehrungen auf sich nahmen und nicht selten die körperliche und psychische Belastungsgrenze überschritten. Tag für Tag gingen sie zur Arbeit, sprangen bei krankheitsbedingten Ausfällen oder wegen des Fachkräftemangels für andere ein: um Menschen nahe zu sein und zu helfen! Wie müsste der „Orden für besondere Ausdauer“ bei ihnen aussehen? Vielleicht eine riesige, schwere Medaille mit einem eingegossenen Herz, auf dem steht: „Danke, dass Du mich nicht aufgegeben hast!“ oder „Wenn ich dich brauchte, warst du da…“? Am besten besteht sie aus purem, reinen Gold, das man zur Verbesserung des eigenen Lebensunterhaltes auch zu Geld machen könnte, oder sieht sie doch ganz anders aus?

Bei aller Faschingslaune sollten wir auch fragen: Welchen Orden sollten all jene bekommen, die diese Ausdauer nicht länger aufbringen konnten, deren Kräfte wegen ihres ständigen Daseins für andere ausgingen, die müde oder gar krank geworden sind? Wer sieht sie? Von wem bekommen eigentlich sie eine Auszeichnung? Gott sei Dank dürfen wir an einen Gott glauben, der vor allem auf die Schwachen und Niedergeschlagenen sieht und eine Option hat für das, was im Verborgenen geschah und immer noch geschieht! Dieser Glaube allein ist sicherlich für das Leben nicht ausreichend; eher dürfen wir in ihm eine festigende, stärkende und heilsame Auszeichnung erster Güte sehen.   
In diesem Monat Februar ist nicht nur Karneval und Fastnacht, sondern auch der Beginn der Fastenzeit. Wir können sie auch als Zeit der Aufmerksamkeit, der Achtsamkeit und des Übens betrachten. Wie sieht die religiös-spirituelle Ausdauer, die frei von jedem Leistungsdenken ist, auf dem persönlichen Weg nach Ostern aus? Was heißt es, in meiner Suche nach Gott nicht aufzugeben, beharrlich zu sein und weiterzugehen? Bei ihm zu bleiben, obwohl so Vieles zum Davonlaufen ist? Wie könnte ich in den Tagen eine Zeit finden, um die Liebesbeziehung mit dem göttlichen Du auskosten zu können? Paulus bringt mit Blick auf die Ausdauer die Freude ins Spiel:


Freut euch in der Hoffnung, seid geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet! (Röm 12,12)
                
Text: Georg Deisenrieder