null Meditativer Impuls April 2023

Wenn sich die Leere verwandelt

Vielleicht geht es Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ähnlich wie mir: Wenn ich die Vorgänge in dieser Welt betrachte, verschlägt es mir die Sprache. Was soll man auch schon sagen angesichts des vielen Leids. Am liebsten würde ich schweigen. Jedes Wort liegt irgendwie daneben und klingt eher wie eine Worthülse, hohl und inhaltsleer.

Die Leere will sich verwandeln … und füllen. (Foto: Georg Deisenrieder)

Doch nun steht Ostern vor der Tür. Und viele Dinge sprechen bereits. Zum Beispiel die vielen Osterhasen, Schokoladeneier, fertig bestückten Osternester in den Kaufhäusern und die bunten Osterblumen in den Gärtnereien. Sie wollen diese Tage mit Farbe und Freude füllen und können doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine gewisse Leere und Sinnlosigkeit zurückbleibt. Und eine Frage: Kann das alles sein, was hält und trägt?   

Vielleicht hilft ein Blick zu den biblischen Quellen weiter: Nachdem Jesus am Palmsonntag von seinen Anhängern mit Hosianna-Rufen bejubelt wurde, am Gründonnerstag seinen Jüngern die Füße wusch und mit ihnen das letzte Abendmahl feierte, ging er bewusst in die große Leere hinein. Er hat sich seinen Gegnern ausliefern lassen und vor seinem Tod am Kreuz Worte gebetet, die die letzte Frage menschlicher Ohnmacht ausdrücken: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Ps 22,1)

Ich finde diesen geerdeten Jesus, der selbst Angst, Inhaltslosigkeit und Ohnmachtserfahrung erfahren hat, zutiefst sympathisch. Er ist kein triumphalistischer Herrscher, der irgendwo, weit weg im Kosmos auf einem Thron sitzt. Er ist mir sehr nahe. Er kennt mich. Er fühlt mit mir. Und während ich diese Worte niederschreibe, meldet sich das Vertrauen, dass er da ist und diese durchgeknallte Welt in seinen Händen hält. Er ist auch da und zeigt sich solidarisch in „Angst und Verzweiflung. Wenn das Leben junger Menschen gefriert“, wie das Thema der 19. Abensberger Fachtagung am 25. April 2023 heißt.    

Ebenso fühle ich mich verstanden und mitgetragen von den Jüngerinnen und Jünger, denen ebenfalls die Worte fehlten, vor allem dann, als er ihnen an Ostern als Auferstandener erschien. Die Freude brach nicht sofort durch. Manche erkannten ihn erst beim Brotbrechen und gemeinsamen Essen. Es dauerte auch lange, sogar Jahrzehnte, bis das Kreuz zum lichtvollen Erlösungszeichen wurde.

Die Leere will sich verwandeln…und füllen. Der Glaube an den sympathischen Gott darf wachsen, österliche Freude auch. Inmitten der Sprachlosigkeit melden sich neue Worte: „Er lebt, mit ihm auch ich.“                                   
Text: Georg Deisenrieder