Frei von Zwängen und den Gesetzen des Kunstmarkts
null Frei von Zwängen und den Gesetzen des Kunstmarkts
Der Kunst.Preis 2025 nimmt Fahrt auf! 191 Künstlerinnen und Künstler, darunter etliche neu Hinzugekommene, reichten insgesamt 693 Werke ein – mehr als in den Jahren zuvor. Ohne zu viel vor der Vernissage und von der damit verbundenen Preisverleihung zu verraten: Die Jury war tief beeindruckt von der Qualität der Kunstwerke: "Ich finde es total spannend, die Entwicklung der Künstler zu sehen. Manche verändern sich sehr stark, machen tolle Fortschritte, variieren in ihrem Stil", bringt es Dr. Maria Baumann, Leiterin der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, stellvertretend auf den Punkt.

Bis zum 28. März waren erwachsene Künstlerinnen und Künstler aus Niederbayern und der Oberpfalz, die nach dem Gesetz als "geistig behindert" gelten, aufgerufen, sich beim Kunst.Preis 2025 zu bewerben. Seit 2010 laden der Kunst- und Gewerbeverein Regensburg e. V. und die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. im zweijährigen Turnus zu diesem Wettbewerb ein, um neue Türen auf dem Kunstmarkt zu öffnen. Keine einfache Angelegenheit, wie Dr. Rudolf Ebneth, Vorstandsmitglied des Kunst- und Gewerbevereins, in Erinnerung ruft: "Da war immer die Frage: Ist das Kunst, was ihr da fördert?" Umso größer sei die Freude, dass sich der Kunst.Preis in der Kunstszene, in der Gesellschaft verstetigt habe und einen riesigen Erfolg verzeichne.
Was ist das Besondere an dieser Kunst, die man zuweilen der L'Art Brut zuordnet?
Die Kunstwerke, die für den Kunst.Preis eingereicht werden, lassen sich nicht wirklich einer Kategorie zuordnen. Diese Art der Kunst muss nichts – sich weder erklären noch irgendjemandem oder irgendetwas folgen. Das macht frei, radikal. Oder, wie es Peter Lang, Herausgeber des Kulturjournals Regensburg, immer wieder beobachtet: "Ich weiß, dass gerade viele bildende Künstler den Kunst.Preis sehr ernst nehmen und die Ausstellung genau studieren, weil sie da Positionen sehen, wo keinerlei Rücksicht auf irgendeinen Markt oder irgendwelche Verkaufschancen genommen wird. Die Künstler können sich hemmungslos austoben, was ein arrivierter Künstler so nicht machen kann."
Die Jury war regelrecht begeistert angesichts des Kunst-Paradieses, das sich ihnen erschloss. Auch wenn die Wahl, die jedes Mal getroffen werden muss, sehr schwer fällt, wie Ines Amann bestätigt. "Was bei der Arbeit als Jury-Mitglied sehr hilfreich ist, ist, dass wir nicht wissen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Wir haben keinerlei Information zu dieser Person." Viele, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin bei den Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, meinten ja, dass die Kunst gut sei, wenn ein großer Name dahinterstehe. Das stimme nicht. Diese Ausstellung lade dazu ein, alles unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen.
Der Kunst.Preis setzt wichtige Zeichen für mehr Inklusion
Der Kunst.Preis ist nicht nur ein Kunstwettbewerb. "Er ist ein Beispiel, wie ernst wir es mit der Inklusion meinen", betont Michael Eibl, Direktor der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg. Ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung sei die Aufnahme von Christina Kerscher in die Jury gewesen. Die Künstlerin hatte sich in der Vergangenheit selbst wiederholt beim Kunst.Preis beworben und schon zweimal einen Preis gewonnen – einen zweiten und einen dritten Platz. "Sie hat eine besondere Gabe, andere Kunstwerke ein- und wertzuschätzen." Man kenne sie vom Atelier KUNST inklusiv sowie von Kunstsymposien und anderen Ausstellungen. "Sie war die ideale Kandidatin, um als Expertin in der Jury mitzuwirken."

Christina Kerscher, die als Kunstschaffende immer wieder neue Ausdrucksformen findet – zurzeit modelliert sie Köpfe aus Ton –, liebt ihre neue Aufgabe als Jurymitglied: "So viele unterschiedliche Kunstwerke und so abwechslungsreich!"
Erneut macht die Jurierung deutlich: Inklusion beim Kunst.Preis bedeutet auch, die soziale Brille beiseite zu legen und darauf zu achten, dass dieser Wettbewerb kein Sozialprojekt ist, wie Wilma Rapf-Karikari – Kunstvermittlerin, Galeristin und 2. Vorsitzende des Kunst- und Gewerbevereins Regensburg – hervorhebt. "Wir haben es bei diesem Wettbewerb viel mit sozialen Einrichtungen zu tun, in denen die Künstlerinnen und Künstler leben und arbeiten. In der Jury haben wir deshalb klar zu unterscheiden, worin das Künstlerische besteht und wo der soziale Aspekt ist." Man erkenne schon, wenn sich etwa ein Therapeut, eine Therapeutin zu sehr in den Schaffensprozess einmische. "Wir hingegen möchten wirklich eigenständige, künstlerische Entdeckungen machen." Und das sei auch dieses Mal wieder gelungen. Am Ende gehe es der Jury darum, die Werke, die da geschaffen werden, auf Augenhöhe mit sogenannten normalen künstlerischen Werken zu sehen. "Das ist unser Ziel."
Save the date!
Die Vernissage des Kunst.Preises 2025 findet am Freitag, den 27. Juni 2025, um 19 Uhr im Kunst- und Gewerbeverein Regensburg statt. An diesem Abend wird auch Nora-Eugenie Gomringer – Lyrikerin, Direktorin des Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg und mehrfache Preisträgerin mit internationalem Renommee – zum ersten Mal als Patin des Kunst.Preises auftreten. Dann wird auch das Geheimnis gelüftet, welche Künstlerin, welcher Künstler einen der drei Preise entgegennehmen kann, die die KJF-nahe Stiftung "Für junge Menschen" ausgelobt hat.
Vom 7. September bis 5. Oktober 2025 wird der Kunst.Preis auch in der Städtischen Galerie Cordonhaus in Cham zu sehen sein. Anschließend wandert die Ausstellung ins Zentrum Bayern Familie und Soziales in Regensburg. Der Termin wird noch rechtzeitig bekanntgegeben.
Weitere Informationen zum Kunst.Preis 2025: www.kjf-regensburg.de/kunst-preis
Text: Isolde Hilt