null Filmvorführung im Andreasstadel:

Der Vorsitzende des Landesverbandes katholischer Einrichtungen (LVkE) und der Arbeitsgemeinschaft katholischer Einrichtungen (AGkE) im Bistum Regensburg Michael Eibl setzte mit einer Filmpräsentation im Kino des Andreasstadels in Regensburg einmal mehr ein Zeichen der Erinnerung an das erfahrene Leid von Heimkindern in der Nachkriegszeit. Der LVkE hat den Film „Ich wollte leben, aber ich wusste nicht, wie …“ im vergangenen Jahr zum ersten Mal ausgestrahlt und öffentlich bekannt gemacht. Nun zeigte ihn die AGkE Fachkräften ihrer Mitgliedseinrichtungen aus der Diözese Regensburg.

v.li. Franz Raschof, Geschäftsführer Thomas Wiser Haus, Dr. Simon Meier, Leiter der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der KJF Regensburg und Sprecher der 10 KJF-Beratungsstellen, KJF-Direktor Michael Eibl, Gewaltschutzbeauftragte der KJF Britta Ortwein-Feiler, AGkE-Geschäftsführer Michael Hösl, Präventionsbeauftragte des Bistums Regensburg Dr. Judith Helmig, LVkE-Geschäftsführerin Petra Rummel. (Foto: Christine Allgeyer)

Damit das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät

Das Filmprojekt ist 2024 im Auftrag des LVkE entstanden und Teil einer jahrelangen, intensiven fachlichen Auseinandersetzung mit den schwierigen Lebensumständen und leidvollen Erfahrungen ehemaliger Heimkinder. Seit 2010 setzt sich der LVkE für die transparente Aufklärung des Unrechts ein, das an Heimkindern zwischen 1949 und 1975 in Einrichtungen der katholischen Erziehungshilfe verübt wurde.

AGkE-Geschäftsführer Michael Hösl begrüßte die Kolleginnen und Kollegen aus den Mitgliedseinrichtungen der AGkE zur Filmpräsentation und übergab das Wort an Petra Rummel, Geschäftsführerin des LVkE. Sie berichtet, wie es zu dem Projekt kam: „Der LVkE wollte Betroffene selbst zu Wort kommen lassen, um dem Thema öffentliche Aufmerksamkeit zu geben. Die Erinnerungen an ihre Heimkindheit offenbaren unvorstellbares Leid. Es sollen die Geschichten derjenigen im Mittelpunkt stehen, die in Heimen aufgewachsen sind und Unrecht erlitten haben. Der LVkE setzt sich seit vielen Jahren mit diesem dunklen Kapitel der Heimerziehung auseinander und wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass das Geschehene nicht in Vergessenheit gerät.“

„Dieses Filmprojekt ist nicht nur eine Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Erinnerungskultur“, stellt Eibl heraus. Der Film könne langfristig in die Ausbildung und Lehre integriert werden, um angehende Fachkräfte in sozialen Berufen bereits von Beginn an für das Thema zu sensibilisieren. Gleichzeitig richtet sich der Film an Fach- und Führungskräfte, die bereits in der Praxis tätig sind. Ziel ist es, durch kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Thematik die Sensibilität im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu schärfen. Einer der wichtigsten Kooperationspartner für das Projekt war die Katholische Stiftungshochschule in München und deren Präsidentin Frau Professor Dr. Birgit Schaufler. Hier kann der Film in die Ausbildung der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen integriert werden ebenso wie an Ausbildungsorten wie den Fachakademien und Fachschulen für soziale Berufe.

 

Expertengespräch zum Filmbeitrag

Aus der Praxis in Jugendhilfeeinrichtungen betont Franz Raschof, Geschäftsführer des Thomas Wiser Haus, die Bedeutung der Schutzkonzepte in Jugendhilfeeinrichtungen, die mit Jugendlichen und Mitarbeitern entwickelt wurden. Hier gehe es auch um Partizipation und Kinderrechte. „Wir haben einen Heimrat und Vertrauenserzieher, die sich regelmäßig austauschen. „Alle Kinder, wissen, an wen sie sich wenden können, wir haben ein Beschwerdeverfahren und Beschwerdestellen.“ Es gehe ja immer um den Schutz einer einzelnen Person, stellte die Präventionsbeauftragte des Bistums Regensburg, Dr. Judith Helmig heraus. Britta Ortwein-Feiler, Gewaltschutzbeauftragte der KJF, unterstrich die Bedeutung von Aufklärung und präventiven Maßnahmen: „Es geht darum, diese in den Einrichtungen zu implementieren mit Schulungen der Mitarbeiter, in denen es zum Beispiel auch um die Frage gehe, was ist Gewalt und wie beginnt Gewalt. Es ist ganz zentral, sich damit auseinanderzusetzen, die Kinder einzubeziehen, zu befragen und ihnen eine Stimme zu geben.“ Der Leiter der Beratungsstelle Kinder, Jugendliche und Eltern Dr. Simon Meier berichtete aus der Arbeit in der Beratungsstelle, die einen niederschwelligen Zugang zu professionellen Hilfen und Unterstützung bietet. „Wir stärken Erwachsene in ihrer Erziehungsfähigkeit, so dass sie zum Beispiel eine sinnvolle pädagogische Konsequenz im Sinne von Lernprozessen klar von einer Strafmaßnahme unterscheiden können.“ Es gehe darum zugewandte Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.

 

Respektvolles und gleichzeitig bedrückendes Zeugnis von Gewalterfahrungen

Der LVkE hat die Agentur Isolde Hilt und den Filmemacher Daniel Klare von Acting Images für das Filmprojekt gewonnen. „Sie haben ein einfühlsames, respektvolles und gleichzeitig bedrückendes Zeugnis der Gewalterfahrungen der zwei Protagonisten des Films: Brigitte Molnar, heute 73 Jahre alt, und Peter-Alfred Blickle, heute 66 alt, geschaffen. Für die sensible Herangehensweise, das Konzept und die ausgezeichnete filmische Aufbereitung an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank“, stellte KJF-Direktor Michael Eibl beim Filmgespräch heraus.

Brigitte Molnar und Peter-Alfred Blickle berichten im Film von ihren Gewalterfahrungen, vom Zwang, Erbrochenes essen zu müssen, von Isolation und sexuellem Missbrauch. Sie vermitteln eindrücklich ihr Gefühl, keinen Wert in der Gesellschaft zu haben. Sie stehen für das Schicksal vieler Heimkinder. Im Filmgespräch bedankt sich Michael Eibl bei den Protagonisten des Films für ihren Mut und ihr sehr persönliches Zeugnis. Beide haben an der Aufarbeitung der Heimkinderziehung während der Nachkriegszeit an einem Runden Tisch in Bayern mitgewirkt. Bis zum Abschluss des Runden Tischs 2018 haben sich in sieben Jahren mehr als 3.000 ehemalige Heimkinder bei eigens geschaffenen Anlaufstellen gemeldet. Betroffene erhielten insgesamt 34,5 Mio. Euro Millionen Euro in Anerkennung ihres Leids ausgezahlt.

Text: Christine Allgeyer