„In meiner Zukunft scheint die Sonne“
null „In meiner Zukunft scheint die Sonne“
Seit nunmehr 50 Jahren bildet die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e. V. (KJF) Heilpädagoginnen und Heilpädagogen aus. Die Fachakademie für Heilpädagogik der KJF in Regensburg ist damit eine der ersten Ausbildungsstätten ihrer Art in Deutschland und einer der Grundpfeiler für die Personalgewinnung und Personalentwicklung der KJF, aber auch vieler anderer Träger. Am Samstag beging die Einrichtung ihr Jubiläum mit einer Fachtagung, auf der die Zukunft der Heilpädagogik im Mittelpunkt stand.
„Vor 50 Jahren hat Prälat Dr. Josef Schweiger die Zeichen der Zeit erkannt und für eine Professionalisierung der heilpädagogischen Arbeit in den Kinderheimen und in den Einrichtungen der Behindertenhilfe gesorgt“, blickte KJF-Direktor Michael Eibl zurück. „Heute können wir die Früchte ernten und Frau Werner als aktueller Akademieleiterin bestätigen, dass sie das Bildungsangebot in den letzten Jahren am Puls der Zeit weiterentwickelt hat.“
Über 1.000 Fachkräfte haben seit der Gründung im Jahr 1972 ihre Ausbildung an der Fachakademie durchlaufen. Derzeit besuchen 59 Studierende die Einrichtung, um sich auf die Arbeit mit Kindern vorzubereiten, die Behinderungen, Verhaltensauffälligkeiten oder psychische Störungen haben. „Heilpädagogen sind Stärkensucher“, beschreibt Petra Werner, die Leiterin der Fachakademie, einen Grundsatz der Heilpädagogik. „Man konzentriert sich auf die Stärken eines Menschen, um seinen Selbstwert zu steigern.“ Dabei spiele auch die Arbeit mit den Angehörigen der Kinder eine wichtige Rolle. Werner bedankte sich bei KJF-Direktor Michael Eibl, weil er die Notwendigkeit und die Wirksamkeit der Heilpädagogik erkannt und die Disziplin weiter gestärkt habe.
Im Namen der OTH Regensburg gratulierte Renate Kühnel, Professorin an der Fakultät für Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften: „Petra Werner und ihr Team bilden nicht nur aus, sie bilden Menschen und eröffnen Räume, in denen Haltungen erprobt und reflektiert werden können. Wissenschaftlich hochaktuell und international vernetzt, flexibel und voller Elan, zeitgemäße Impulse zu setzten. Die Kooperation ist ein Gewinn für beide Seiten.“
Spannendes Feld und tolle Gelegenheit
Mario Hader, Heilpädagoge und Absolvent der Fachakademie, wandte sich in seiner Rede an die Studierenden: „Ihr habt an der Fachakademie ein spannendes Feld und eine tolle Gelegenheit. Was mich bei meiner täglichen Arbeit trägt, ist die Haltung, die ich in Regensburg erlernt habe.“
„Haltung“ war auch das Thema eines Fachvortrags von Professor i.R. Dieter Lotz: „Gesinnungen, Sichtweisen, Einstellungen, Haltungen bestimmen unser Leben und unser pädagogisches Handeln. Haltungen sind subjektive Bewertungen – über sich selbst, über andere oder gegenüber Sachverhalten. Haltungen sind Wirkkräfte – man kann sie erbitten, einfordern, letztendlich aber nicht erzwingen.“
Anhand eines Fallbeispiels – ein neunjähriger autistischer Junge mit Asperger Syndrom – zeigte Heidrun Kiessl, Professorin an der Fachhochschule der Diakonie, die Vorgehensweise der Heilpädagogen auf. Zunächst lassen die Heilpädagogen die Akten und Vordiagnosen außer Acht. Sie konzentrieren sich darauf, die Not der Mutter zu würdigen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Mutter einzugehen. Das Ergebnis: „Respektvolles Staunen“, als sich die Beziehung der beiden zum Positiven verändert.
Lernen in familiärer Atmosphäre
„Wir erleben hier jeden Tag junge Menschen, die sehr wissbegierig und voller Leidenschaft für ihren Beruf sind – das ist sowohl für die Studierenden als auch für die Dozenten eine Bereicherung“, sagt Dr. Anika Keppler, die an der Fachakademie unterrichtet. Dies bestätigt auch Studentin Cosima Andresen: „Die Dozenten sind uns sehr nah, wir können uns jederzeit an sie wenden. Dadurch entsteht ein Austausch auf Augenhöhe und fachlich wertvolle Diskussionen.“ Petra Werner fügt hinzu: „Die familiäre Atmosphäre in den kleinen Gruppen ermöglicht es uns, auf die Bedürfnisse der Studierenden einzugehen – das unterscheidet uns von einer Uni mit 20.000 Studenten.“
Nach ihrem Abschluss, dem Bachelor Professional, stehen den Heilpädagoginnen und Heilpädagogen viele berufliche Perspektiven offen: „In der Frühförderung, in inklusiven Einrichtungen, in Seniorenheimen oder im Förderschulbereich sind unsere Absolventen gesuchte Fachkräfte“, so Petra Werner.
Die zentralen Werte der Fachakademie sind geprägt von der katholischen Soziallehre und orientieren sich an Solidarität, Subsidiarität und Personalität. Die Einrichtung ist jedoch für Menschen aller Konfessionen zugänglich. Das christlich-humanistische Menschenbild der Fachakademie unterscheidet nicht zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. Ziel ist es, Menschen mit erschwerten Entwicklungsbedingungen ein Höchstmaß an Teilhabe und autonomer Lebensführung in sozialer Gebundenheit zu ermöglichen.
Text: Sebastian Schmid