null Meditativer Impuls August 2022

Herzens-Bildungs-Urlaub mit Freunden

Gestern verabschiedete sich eine Kollegin in den Urlaub. Ich fragte, was sie und ihre Familie in der freien Zeit machen wolle. Sie sagte: „Freunde besuchen“. Das gefiel mir sehr, denn viele Freundschaften sind in den vergangenen Monaten tatsächlich auf der Strecke geblieben. Man konnte sie nicht wie gewollt pflegen, trotz aller digitalen Fortschritte. Es ist mehr als deutlich geworden: Echte Freundschaften sind analog. Sie leben von direkten Kontakten, von Gesprächen mit echten Augen-Blicken, von Körperlichkeit. Das spüren wir alle, von den Kindern, die sich auf dem Bild die Hände reichen, bis zu den Erwachsenen. Es sind, wie wir alle wissen, die treuen Freundinnen und Freunde, die das Leben aufhellen, durchs Leben tragen und einfach guttun.

(Foto: Juliane Zitzslperger)

In der Bibel lesen wir:

Ein treuer Freund ist ein starker Schutz,

wer ihn findet, hat einen Schatz gefunden.

Für einen treuen Freund gibt es keinen Gegenwert,  

seine Kostbarkeit lässt sich nicht aufwiegen.

Ein treuer Freund ist eine Arznei des Lebens.  

(Jes Sir 6,14-16, Einheitsübersetzung 2016)


Brauchen wir nicht alle gerade nach den Entbehrungen der vergangenen Zeit diesen kostbaren Schatz und die heilsame Arznei? Dann sei aber die Frage erlaubt: Nehmen wir uns auch wie die Kollegin Zeit für die gute Freundin oder den guten Freund? Manchmal neigen wir doch manchmal dazu, uns in der freien Zeit erst einmal zurückzuziehen und auf uns selbst zu schauen. Das mag vielleicht daran liegen, dass wir mit Blick auf die Freunde schnell an die Organisation einer Grillparty oder eines anderen Events denken. Und das artet dann schnell in Arbeit und Stress aus – so wie beim Umgang mit den vielen „Freunden“ bei Facebook, Instagram, Meetup und Co.; so wie sie kommen verschwinden sie wieder. Ein echter Freund bleibt. Er macht keine Arbeit. Er darf kommen, auch wenn die Wohnung gerade chaotisch aussieht. Man kann ihn auch gut riechen. Wie gut, dass hier die digitalen Möglichkeiten bleibend an ihre Grenzen kommen!


Glücklich, wer eine Seelenfreundin oder einen Seelenfreund hat, bei dem die Seele aufatmen kann. Auch wenn man sich längere Zeit nicht mehr gesehen hat, braucht es kein „Vorglühen“ oder „Warmreden“. Man kann schnell an die letzte Begegnung anknüpfen und fühlt sich sofort angenommen und verstanden. Ich darf spüren: Da ist ein Du an der Seite, ein Mensch, der mitgeht durch dick und dünn, durch alle Lebenskrisen hindurch, dem ich vertrauen kann – bis zuletzt. In dieser Begegnung finde ich in Anlehnung an das Bibelwort: Sicherheit unter dem „starken Schutz“, den „kostbaren Schatz" im Herzen, heilsame  Stärkung mit der „Arznei des Lebens“.


„Die Hand einer guten Freundin oder eines Freundes möge sie Dich halten“. Mit diesem Segen wünsche ich für die Urlaubszeit den Kindern tolle Spiele bis zum Müdewerden und den Erwachsenen freie Tage mit besonderem Gütesiegel: Herzens-Bildungs-Urlaub!
                                    

Georg Deisenrieder